Leistungsranking kann demotivieren statt anspornen

Leistungsvergleiche zwischen Unternehmenszweigen, aber auch unter Mitarbeitern sind in vielen Unternehmen ein gängiges Anreizsystem zur Leistungssteigerung. Ob der „Mitarbeiter des Monats“ am Schwarzen Brett oder die Vergleichstabelle der Abteilungsleistungen in der Mitarbeiterzeitung – das System setzt auf den sportlichen Ehrgeiz der Starken und die Angst vor Blamage der Schwachen. Nur – funktioniert das System tatsächlich? Das Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) veröffentlichte nun eine Studie dazu. Fazit: Das Ranking kann schnell zum Bumerang werden.

Ein wichtiger Bestandteil erfolgreichen Managements sind effektive Leistungsanreize. Zu den gängigen Methoden zählt neben Stück- und Akkordlöhnen auch die Vergütung im Rahmen so genannter Leistungsturniere, bei denen die Lohnhöhe davon abhängt, wie der Mitarbeiter im Vergleich zu seinen Kollegen abschneidet.

Gerade bei solchen Leistungsturnieren ist das Wissen der Mitarbeiter darüber, wo sie im Vergleich zu ihren Kollegen stehen, unmittelbar verhaltensbestimmend. Aus Unternehmenssicht ist dabei entscheidend, ob diese Information zu mehr Leistung anspornt – oder gar das Gegenteil bewirkt. Sieht beispielsweise der Spitzenkandidat während des Turniers, dass er weit vor dem übrigen Feld liegt, wäre es aus seiner Sicht naheliegend, die Leistung auf das notwendige Maß zu reduzieren. Andere Kandidaten wiederum, die ihre Position durch einen moderaten Leistungsschub deutlich verbessern könnten, werden dies in aller Regel als Ansporn empfinden, aussichtslos zurückliegende Mitarbeiter aus Frustration ihre Arbeit aber vielleicht noch weiter reduzieren. Welche Effekte überwiegen nun in der Praxis?

Dieser Frage ist eine Forschergruppe des IZA nachgegangen. Die Wissenschaftler untersuchten in einem Laborexperiment, wie sich ein höherer Informationsstand auf das Arbeitsverhalten der Beschäftigten auswirkt.

Der Ablauf des Experiments: Die Probanden wurde auf mehrere „Abteilungen“ aufgeteilt. Die Teilnehmer mussten innerhalb einer vorgegebenen Zeit möglichst viele Rechenaufgaben lösen. Bezahlt wurden sie in mehreren Varianten: eine Gruppe erhielt einem Stücklohn pro richtig gelöster Rechenaufgabe, in einer anderen ging der Gesamtgewinn an den produktiveren Mitarbeiter, während sein unterlegener Kollege leer ausging. Über ihren eigenen Punktestand wurden die Teilnehmer während des Experiments laufend informiert. Zur Leistung des Kollegen erhielten sie je nach Spielvariante entweder keinerlei Rückmeldung, einen Halbzeitstand oder kontinuierliche Informationen.

Das Resultat: Entgegen der Theorie hat der Informationsstand über die Produktivität des Kollegen offenbar keinen Einfluss auf den durchschnittlichen Arbeitseinsatz der Probanden. Allerdings sinkt die Qualität der geleisteten Arbeit signifikant, wenn ein Zwischenstand durchgegeben oder der Punktestand des Kollegen laufend aktualisiert wird. Gerade bei den leistungsschwächeren Mitarbeitern ist ein Anstieg der Fehlerhäufigkeit zu beobachten, den die Forscher auf Stress und Unsicherheit zurückführen.

Vereinzelt zeigt sich zwar zumindest in der Turniervariante, dass die Veröffentlichung des Leistungsvergleichs den sportlichen Ehrgeiz anregt. Insgesamt reichen diese positiven Effekte aber nicht dazu aus, das Minus an Arbeitsqualität auszugleichen. Die Gesamtproduktivität des Unternehmens wird demnach durch die Bekanntmachung des Leistungsrankings potenziell verringert.

Auch wenn sich die unter Laborbedingungen erzielten Ergebnisse nicht unmittelbar in die betriebliche Praxis übertragen lassen, liefern sie doch klare Hinweise darauf, dass offene Leistungsvergleiche innerhalb von Unternehmen als Anreizstrategie nur bedingt geeignet sind. Die komplette (englischsprachige) Studie steht kostenlos per Download zur Verfügung.

(idw/ml)