Arztbesuche kosten Zeit. Aber es geht auch anders: Das Berliner Start-up goderma GmbH entwickelte 2013 in Zusammenarbeit mit Hautärzten und Kliniken die App Klara, eine Software, die es den Ärzten erlaubt, mithilfe von Smartphones eine Ferndiagnose von Hauterkrankungen durchzuführen. Die Nachfrage ist so groß, dass die Gründer ihr Unternehmen nach nur einem Jahr auf den US-Markt ausdehnen wollen. Wir fragten einen der beiden Gründer, Simon Bolz, nach den Motiven.
Ärztliche Ferndiagnosen per Smartphone? Ausgerechnet in Deutschland? Und dann auch noch nach nur einem Jahr den US-Markt aufmischen wollen? Geht nicht, dachten wir vor dem Interview. Bis wir uns mit Simon Bolz, einem der beiden Gründer des Unternehmens trafen, denn seine Argumente sind überzeugend. Statt auf die bei vielen Stat-ups üblichen Hurra-Floskeln zurückzugreifen, macht Bolz aus möglichen Schwierigkeiten seines Vorhabens kein Hehl, kann aber mit klaren Erfolgen in der noch sehr kurzen Firmengeschichte aufwarten.
Bolz und sein Mitstreiter Dr. Simon Lorenz – promovierter Gesundheitsökonom und wie Bolz 32 Jahre jung – setzten schon bei der Gründung auf die Zusammenarbeit mit Fachärzten. So wurden die beiden Gründer von Beginn an von Prof. Dr. Johannes Ring unterstützt. Mittlerweile steht der renommierte Dermatologe und Chefarzt der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Technischen Universität München dem medizinischen Klara-Beirat vor.
Dass in der Dermatologie viele vorläufige Diagnosen durch ein Handyfoto der Hautoberfläche möglich sind, ist sicher ein besonders glücklicher Umstand für das Business-Konzept. Knochenbrüche wären auf diese Weise wohl kaum zu diagnostizieren. Aber der Erfolg von Klara ist dennoch mehr als nur ein Sonderfall. Er könnte zum Mut machenden Vorbild für weitere medizinische Apps werden, denn es gibt durchaus medizinische Bereiche, die sich mit zusätzlichen mobilen Sensoren für Handys für erste Grobdiagnosen erschließen lassen.
Ein Grund für die beiden Gründer, mit ihrem Unternehmen in die USA zu expandieren, ist auch, dass in den Vereinigten Staaten manche Ideen ausgetestet werden können, die hiesige Gesetze noch nicht zulassen. Wie groß das Interesse weltweit bereits ist, zeigen die mittlerweile über 120.000 Downloads und Installationen der App in rund 100 Staaten.
In den USA, wo medizinische Anwendungen über das Internet (E-Health) längst zum medizinischen Alltag gehören, konnten die Gründer bereits eine Kooperation mit dem berühmten Mount-Sinai-Krankenhaus abschließen. Sämtliche Dermatologen und Patienten der Klinik nutzen mittlerweile die App. Mit Mark Lebwohl und Mark Kaufmann, dem Präsidenten und einem Board-Mitglied der American Academie of Dermatology, haben Lorenz und Bolz zudem zwei renommierte Hautärzte für ihr Projekt gewinnen können. Klara kann damit bereits in 13 Bundesstaaten der USA genutzt werden. Bolz ist deshalb optimistisch: „2017 wollen wir in den USA profitabel sein und Zehntausende Ärzte unter Vertrag haben.“ (ml)