Der stationäre Handel hat ein Problem: Immer mehr Kunden kommen zwar in den Laden und schauen sich die Waren an, kaufen dann aber im Online-Shop. Die sogenannte Beacon-Funktechnik kann hier die Karten neu mischen. Aber das Potenzial dieser Technik reicht weit darüber hinaus. Event- und Sportveranstalter, Messebetreiber und viele andere Branchen können von ihr profitieren. Wir sprachen darüber mit Ingo Bohg, Head of Sales des Berliner Start-ups Beaconinside (Square Metrics GmbH).
Das Problem des stationären Handels ist nicht das schlichte Abwandern der Kunden in das Internet, sondern der leidige Umstand, dass potenzielle Kunden im Laden zwar die Waren begutachten und sich oft sogar noch beraten lassen, dann aber ohne Kauf den Laden verlassen und zu Hause über das Internet die Ware erwerben. Für den stationären Handel heißt es dann: Außer Spesen nichts gewesen.
Offenbar schafft es der Internet-Handel, dem Kunden das Gefühl zu geben, er könne online leichter von Schnäppchen profitieren. Kein Wunder, denn dank moderner Browser-Technik und einer ausgeklügelten Datenverwaltung können dem Kunden im Netz punktgenaue Angebote noch während seiner Suche nach geeigneten Produkten unterbreitet werden. Eine derart individuelle und persönliche Betreuung ist im stationären Handel angesichts der hohen Personalkosten nur in sehr kleinen Ladengeschäften und in ländlichen Regionen möglich.
Die Beacon-Funktechnik kann das nun ändern. Ursprünglich 2006 unter der Bezeichnung iBeacon von Apple patentiert, erlebt sie gerade einen beispiellosen Auftrieb. Beacons sind kleine Bluetooth-Sender, die Smartphones eine sehr genaue Ortung erlauben. Ganz wichtig: Daten fließen dabei nur vom Beacon zum Smartphone. Der Beacon-Betreiber erhält keinerlei Daten über das Smartphone. Er erfährt noch nicht einmal vom Vorhandensein des Smartphones, solange dieses keine Informationen abruft. Das erlaubt einerseits, Beacons sehr kostengünstig zu produzieren und stellt andererseits den Datenschutz und damit die gesellschaftliche Akzeptanz sicher.
Das Smartphone erhält über die Beacons – ähnlich wie beim altbekannten GPS – mit Hilfe eines simplen Codes lediglich eine Information darüber, wo es sich gerade befindet. Auf Basis dieser sehr genauen Ortsinformation kann das Smartphone nun seinerseits konkrete Serviceangebote abrufen. Das können Sonderangebote eines Ladengeschäfts sein, aber auch Informationen darüber, wo sich in einem öffentlichen Gebäude ein bestimmtes Büro oder bei großen Konzerten der nächste Ausgang befindet. Standbetreiber können auf Messen ihre Besucher mit Beacons zum Stand leiten, Fluggesellschaften automatische Check-ins direkt am Gate anbieten – der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt.
In Deutschland werden Beacons und dazu gehörende Dienstleistungen seit rund einem Jahr vom Berliner Start-up Beaconinside (Square Metrics GmbH) angeboten. Das junge Unternehmen punktet in diesem Boom-Markt mit einer Besonderheit: Es produziert die Funkchips für die Beacons selbst. Die beiden Gründer Michael Kappler und Cornelius Rabsch sind deshalb zuversichtlich, sich gegen die schnell wachsende Zahl konkurrierender Unternehmen durchsetzen zu können. So zählt u.a. McDonald’s zu den Kunden des Start-ups. Der multinationale Konzern testet die Beacons der Berliner derzeit in 30 Filialen. Auch Messen zählen bereits zu den Kunden von Beaconinside.
Im zweiten Teil unseres Interviews geht es um die Erfahrungen der Beaconinside-Gründer in ihrer Rolle als Jungunternehmer. (ml)