Lohnt sich öfter, als man meint
Von Loredana Covaci/Peter Riedlberger
Linux ist – kurz und bündig – ein freies Betriebssystem. Das ist allerdings eine etwas verkürzende Festlegung. Um technisch korrekt zu sein, muss man Linux als einen freien Kernel definieren. Der Kernel (engl. für „Samenkern“) ist der elementarste Teil eines Betriebssystems, mit dem andere Programme auf höheren Schichten kommunizieren. Der Kernel kümmert sich um solch grundlegende Aufgaben wie Speicherverwaltung, Organisation des Multitaskings, Prozessverwaltung und so weiter.
Ein Kernel allein macht noch kein Betriebssystem. Ein Beispiel: Mit dem Windows-Kernel kann ein Windows-Anwender vordergründig gar nichts anfangen. Aber der Anwender nutzt ständig Betriebssystemprogramme wie Windows Explorer oder Windows Media Player.
Als der Linux-Kernel zum ersten Mal verfügbar war, standen bereits zahlreiche solcher Zusatzprogramme als freie Software zur Verfügung. Sie entstanden im Rahmen des GNU-Projekts, einer Bewegung zur Schaffung freier Software. Diese GNU-Programme liefen vor der Verfügbarkeit des Linux-Kernels auf UNIX, wurden dann aber schnell mit dem Linux-Kernel zu einem Betriebssystem kombiniert, das heute allgemein „Linux“ genannt wird (Aktivisten der GNU-Bewegung ziehen den Ausdruck „GNU/Linux“ für das Betriebssystem vor).
Frei wie in „Freiheit“
Der Witz an Linux (ab jetzt ist mit diesem Wort das Betriebssystem gemeint) ist, dass die Bestandteile des Betriebssystems in der Regel „frei“ sind. „Frei“ bedeutet, dass man die Software beliebig weitergeben, modifizieren oder nutzen kann; die Freiheit umfasst zum Beispiel auch, dass man die Software kommerziell einsetzen oder sogar weiterverkaufen darf. Was aber wichtig ist: Stets muss der Quellcode (der für die Modifikation unerlässlich ist) mit weitergegeben werden, ebenso wie die Lizenz, sodass der Empfänger wieder über seine Rechte aufgeklärt wird.
Geld verdienen Linux-Anbieter also nicht mit der Software an sich, sondern durch Support-Leistungen, die Zulieferung von Spezialprogrammen, Mitarbeiterschulungen und so weiter. Da freie Software so leicht modifiziert oder um andere Komponenten erweitert werden kann, gibt es nicht das Linux-Betriebssystem, sondern nur verschiedene so genannte Distributionen. Die wichtigsten für den kommerziellen Bereich sind SUSE, Redhat und Ubuntu.
Teil 1 fragt sich, wo eigentlich Linux steckt. Die Antwort: In Serverschränken, Smartphones und in jeder Menge Unterhaltungselektronik. Teil 2 schildert anhand der Beispiele Freiburg und München, wie die Umstellung auf OpenOffice und Open-Source-Systeme laufen kann. Teil 3 erklärt, was bei solchen Projekten zu beachten ist. Außerdem wollen wir wissen, wo es quelloffene Software für Unternehmenszwecke gibt.
Vorteile
Welche Vorteile bietet nun Linux dem geschäftlichen Anwender? Erstens wäre da natürlich der Preis zu nennen: Eine Distrubutionsschachtel ist billiger als eine Windows-Schachtel, und wer sich das Image einfach – kostenlos und legal – herunterlädt, spart noch mehr. Zweitens ist man nicht mehr an Update-Zyklen gebunden. Derzeit wird Microsoft XP durch Vista abgelöst; ab 2008 werden neue Rechner wohl nur noch mit Vista ausgeliefert – d.h. dass dann Mitarbeiter umgeschult und eventuell Software-Updates gekauft werden müssen, ob man will oder nicht. Solche Restriktionen entfallen bei Verwendung freier Software: Wer in einer Linux-Umgebung 2008 neue Rechner aufsetzen will, kann einfach die Linux-Version installieren, die er jetzt auch schon nutzt.
Ein weiterer, wesentlicher Vorteil ist technischer Natur: Linux-Systeme haben praktisch keine Probleme mit Viren. Dies liegt einerseits daran, dass Virenautoren lieber auf Windows-Systeme abzielen (größere Verbreitung, tendenziell unerfahrenere Nutzer, öfter technische Lücken), andererseits daran, dass Linux „per se“ sicherer ist. Dieses „per se“ erklärt sich durch die vernünftigere Rechteausstattung für Nutzer und dadurch, dass Sicherheitslücken zumeist sofort geschlossen wurden (während es z.B. mehrfach monatelang dauerte, bis schwere Lücken im Internet Explorer beseitigt wurden, durch die eine Vireninfektion beim Besuch einer Website möglich war).
Nachteile
Allerdings ist ein Wechsel zu Linux auch mit einer Reihe von Problemen verbunden. Schwer wiegt der hohe Schulungsbedarf: Das Personal muss in ein neues Betriebssystem eingearbeitet werden. Ferner fehlen Spezialprogramme oder -treiber oder werden erst sehr viel später geliefert. Ein notorisches Beispiel ist ELSTER: Der Staat zwang Umsatzsteuerpflichtige, ihre Voranmeldungen elektronisch zu liefern, stellte aber zunächst nur ein Windows-Programm zur Verfügung.
Es kann ferner Probleme beim Datenaustausch geben. Ein Beispiel: Es ist natürlich völlig unproblematisch, ein normales DOC-Dokument mit OpenOffice auf Linux zu öffnen. Aber wehe, das DOC ist mit zahlreichen Spezialfeatures formatiert oder nutzt gar Makros! Zwar gibt es auch in solchen Fällen Abhilfe – nämlich die Emulation einer Windows-Umgebung unter Linux oder aber den Einsatz einer Windows-Installation in einem Virtualisierer –, aber dann stellt sich schnell die Frage, warum man nicht gleich bei Windows bleibt.
Fazit: Linux testen
Die genannten Probleme betreffen allerdings nicht den Serverbetrieb, wo bereits jetzt kaum stichhaltige Gründe anzugeben sind, warum man nicht auf Linux setzen sollte. Bei Desktops sieht es anders aus. Falls es sich um kontrollierte Umgebungen handelt (also etwa bei technik-affinen Freiberuflern oder bei Großunternehmen mit kompetenter IT-Abteilung) und zudem keine Abhängigkeit von neu erscheinender Spezialsoftware besteht, ist ein Umstieg auf Linux möglich und sinnvoll. Allen anderen kann nur empfohlen werden, sich Linux einmal anzusehen: Es kostet ja nichts.
Nützliche Links
Gute Adressen für weitere Informationen sind Linux.de und Pro-Linux.de.