Versicherungen für KMU: Versicherungen für die schlimmsten Fälle

Versicherungen verhindern, dass aus Unglücken im Betrieb finale Desaster werden. Je nach Branche gibt es noch zusätzliche, weniger bekannte Absicherungsmöglichkeiten. Sabine Philipp recherchierte für Sie, welche Verträge und Maßnahmen für KMUs wirklich sinnvoll sind.

Policen, die für den Mittelstand passen

Von Sabine Philipp

Wo gehobelt wird, fallen Späne. Unfälle und Schäden gehören daher bei den meisten Unternehmen mehr oder weniger zum Tagesgeschäft. Damit aber aus einem Unglück kein finanzielles Desaster wird, sollten Sie rechtzeitig über entsprechende Versicherungen nachdenken und so die Kernfunktionen des Betriebs schützen. Außerdem gibt es etliche Möglichkeiten, die weniger bekannt sind, sich aber für bestimmte Branchen durchaus bezahlt machen.

Man unterscheidet zwischen Policen, die das Geschäftsrisiko abdecken, und solchen, die den Chef selbst schützen. Generell gilt jedoch: Eine Versicherung ist kein Rundum-Sorglos-Paket. Wenn Sie grob fahrlässig handeln, zahlt sie nicht.

Betrieb

Anlagen, Bestände und Transport

Sie können das Gebäude und Ihre Büros gegen Feuer, Wasserschäden, Stürme und Elementarschäden wie Erdrutsche absichern. Wird die Einrichtung oder das Warenlager durch derartige Katastrophen oder durch Vandalismus, etwa nach einem Einbruch, zerstört, springt die Geschäftsinhaltsversicherung ein. Falls Sie im Keller des eigenen Hauses arbeiten, reicht meist eine erweiterte Hausratversicherung aus.

Wichtig: Diese Übersicht dient lediglich der Orientierung und ersetzt keinesfalls die fach­männische Beratung durch Rechts­experten. Die Inhalte wurden sorg­fältig recherchiert, dennoch sind Ab­weichungen vom tat­sächlichen Sach­verhalt nicht auszuschließen.

Schäden an Computern, Telefonanlagen und Druckern regelt die Elektronikversicherung. Wenn wichtige Daten auf Ihrem Rechner liegen, sollten Sie sich zusätzlich eine Datenträgerversicherung und eine Softwareversicherung zulegen.

Wo Anlagen montiert und demontiert werden, geht nichts ohne passende Montageversicherung, ob im Einzelvertrag für bestimmte Projekte oder – bei regelmäßiger Anlagenarbeit – als Generalversicherung bzw. Umsatzpolice.

Mit der Transportversicherung müssen nicht nur Spediteure vertraut sein – auch Auftraggeber und Empfänger sollten sich vergewissern, ob und in welchem Ausmaß ihre Ware unterwegs gegen Schäden und Diebstahl abgesichert ist. Und falls Sie mit ihren Produkten auf Messen unterwegs sind, empfiehlt sich eine eigene Ausstellungs- und Messeversicherung, für die Mitarbeiter im Ferneinsatz eventuell eine Geschäftsreiseversicherung.

Fahrzeuge und Maschinen

Bei Unternehmen, die über einen größeren Fuhrpark verfügen, empfiehlt sich in Sachen Kfz außerdem über eine Flottenversicherung, bei der man in der Regel günstiger davonkommt als mit Einzelpolicen.

Bei Maschinen wird zwischen stationären und fahrbaren Maschinen unterschieden. Weil dies in jedem Fall ein ebenso ausfallträchtiger wie konstenintensiver Posten ist, der obendrein beträchtliche Investitionen repräsentiert, gehört eine Maschinenversicherung (in Pauschal- oder in Einzelvariante) zum Pflichtprogramm vieler Betriebe. Auf dem Bau ist es – zumindest für die wirklich teuren Stücke – die Baugeräteversicherung.

Stillstand

Eine Maschine fällt aus oder ein Feuer hat die Fabrik lahm gelegt – bis es wieder läuft, verdienen Sie nichts. Dafür dürfen Sie aber weiter Ihre Mitarbeiter bezahlen. In solchen Fällen hilft die Betriebsunterbrechungsversicherung; bei Betrieben, die Lebensmittel verarbeiten und daher mit Seuchengefahr und Infektionsschutz zu tun haben, greift eine Betriebsschließungsversicherung. Bei Ausfällen aufgrund von Hackerangriffen springen Cyberrisk-Versicherungen ein.

Miese Kunden

Sie müssen mit größeren Beträgen in Vorkasse treten? Dann können Sie zahlungsunwillige Kunden ganz schnell in Liquiditätsschwierigkeiten bringen. Hier kann eine Forderungsausfallversicherung hilfreich sein. Faustregel: Sie rechnet sich für alle, die einen Jahresumsatz von 500.000 Euro und Ausfälle von 20.000 Euro haben.

Böse Mitarbeiter

Die Welt ist schlecht. Und wenn Sie Pech haben, sind es Ihre Mitarbeiter auch. Mit einer Vertrauensschadenversicherung können Sie sich aber gegen finanzielle Schäden aus unerlaubten und vorsätzlichen Handlungen wie Unterschlagung, Diebstahl, Veruntreuung und Betrug einschließlich Computermissbrauch absichern. Der Schutz gilt bei den eigenen Mitarbeitern, bei Fremdpersonal, Zeitarbeitskräften, Geschäftsführern, Vorständen und Hackern.

Haftung

Wir alle machen Fehler. Und wenn es ganz dumm läuft, müssen wir teuer dafür bezahlen. Das gilt für den Anwalt, der nicht rechtzeitig Widerspruch einlegt, ebenso wie für den Fabrikanten, dem etwas in den Fluss läuft. Sehen Sie also nach, welchen Schaden Sie anrichten könnten, und schließen Sie eine passende Betriebshaftpflichtversicherung ab. Eine spezielle Internet-Haftpflichtversicherung wird sich wohl nur in wenigen Fällen wirklich rentieren, während für Zulieferer eine Erweiterte Produkthaftpflichtversicherung unbedingt erwägenswert ist, die durch eine Rückrufkostenversicherung noch einmal ausgebaut werden kann.

Versicherungschecklisten für KMU
Bevor Sie einen Vertrag unterschreiben, sollten Sie eine kleine Risikoanalyse vornehmen. Fragen Sie sich: „Was kann mich und mein Unternehmen ruinieren?“ Bei Fabrikanten könnte das ein Bänderstillstand sein. Heiratsinstitute haben wiederum bei Datenverlust ein ernstes Problem. Systematische Fragebögen mit unterschiedlichen Schwerpunkten helfen, das persönliche Risiko einzuschätzen; es gibt sie online als PDF z.B. von der IHK Berlin, der IHK Darmstadt oder der IHK Reutlingen.

Personen

Freischaffende Künstler haben es besser. Für sie zahlt die Künstlersozialkasse die Hälfte der Kranken- und Rentenversicherung. Alle anderen müssen sich alleine um diese essentiellen Sicherungsmaßnahmen kümmern. (Allerdings macht sich die KSK mit den laufenden Nachforderungen momentan bei Unternehmern unbeliebt.)

Bei der Altersvorsorge ist die private Rentenversicherung noch immer der Klassiker. Eine Alternative ist die Basis- oder Rürup-Rente. Lassen Sie aber Ihre Finger von der Lebensversicherung! Die Kombination aus Renten- und Risikolebensversicherung ist überteuert und ziemlich intransparent. Besser sind zwei getrennte Policen.

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte bei Einzelkämpfern ebenfalls nicht fehlen. Schließen Sie aber bloß keine Arbeitsunfähigkeitsversicherung ab – die zahlt nur, wenn Sie gar nichts mehr machen können. Bei einem Dachdecker mit Bandscheibenvorfall würde es dann heißen: „Sie können doch noch im Büro arbeiten.“

Zusätze und Sonderfälle

Falls Sie gerne Fallschirmspringen oder andere riskante Hobbys pflegen, sollten Sie auch ein paar Euro für eine Unfallversicherung übrig haben.

Wenn Sie Räume mieten, mindestens einen Angestellten haben oder viel Kundenkontakt haben, kann sich auch eine Firmenrechtsschutzversicherung lohnen. Denn Streit gibt es immer irgendwann. Seit Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gibt es sogar besondere AGG-Rechtsschutzversicherungen.

Wer viel Verantwortung hat, kann schließlich auch viel falsch machen. Geschäftsführer, Vorstände oder sonstigen Führungspersönlichkeiten sollten sich deshalb Gedanken über eine D&O-Police (Directors and Officers Liability Insurance) machen.

Seit einiger Zeit gibt es Policen für nahezu jeden Sonderfall, vom Preisgeldausfall bis zum Kidnapping durch Außerirdische. Einige davon sind als branchenspezifische Spezialversicherungen durchaus realistisch zu sehen, andere taugen allenfalls als Geschenkpolicen für launige Geschäftsfreunde.

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