Flexiblen Ausgleich vertraglich regeln
Von Sabine Philipp
In puncto Überstunden stellt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zwar klare Regeln auf, lässt aber in Notfällen auch Ausnahmen zu. Falls die Mehrarbeit in Ihrem Unternehmen zum Dauerzustand wird, lohnt es sich, über Alternativen nachzudenken.
Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. Sie können sie zwar auf bis zu zehn Stunden verlängern – aber nur, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder von 24 Wochen Ihre Leute im Durchschnitt nicht mehr als acht Stunden pro Werkstag gearbeitet haben. Bei Nachtarbeit müssen sie diesen Durchschnittswert laut § 6 ArbZG innerhalb eines Kalendermonats oder von vier Wochen erreichen.
Nachtarbeit ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst. Und unter Nachtzeit fällt die Uhrzeit zwischen 23 und 6 Uhr bzw. zwischen 22 und 5 Uhr bei Bäckern und Konditoren.
Wichtig: Schwerbehinderte können Mehrarbeit immer ablehnen. Schwangere und Stillende dürfen prinzipiell keine Überstunden schieben.
Für Dringendes gelten Ausnahmen
Wenn es der Tarifvertrag zulässt, können Sie laut § 7 ArbZG die Arbeitszeit auf über zehn Stunden verlängern, wenn in die Arbeitszeit „regelmäßig und in erheblichem Umfang“ Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt. Dann dürfen Sie auch einen anderen Ausgleichszeitraum festlegen.
Außerdem können Sie von der Arbeitszeitbegrenzung abweichen,
- „wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmern vorübergehend mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeiten gefährden oder einen unverhältnismäßigen Schaden zur Folge haben würde“ (§ 14 ArbZG).
Der Paragraf gilt ebenso bei Forschung und Lehre, bei unaufschiebbaren Vor- und Abschlussarbeiten sowie bei unaufschiebbaren Arbeiten zur Behandlung, Pflege und Betreuung. Wenn Sie von dieser Option Gebrauch machen, darf die Durchschnittsarbeitszeit 48 Stunden pro Woche in einem Zeitraum von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten.
Pausen, die zum Pensum passen
Menschen, die länger arbeiten, müssen auch längere Pausen machen. § 4 ArbZG sieht bei einer Arbeitszeit von sechs bis neun Stunden Ruhezeiten von mindestens einer halben Stunde vor. Wenn Ihre Mitarbeiter mehr als neun Stunden aktiv sind, müssen sie eine Dreiviertelstunde pausieren. Sie können die Zeiten auch in Abschnitte von jeweils mindestens einer Viertelstunde aufteilen. Die erste Pause muss aber spätestens nach sechs Stunden eingelegt werden.
Überstunden immer ausgleichen
Da im ArbZG nichts über die Überstundenvergütung steht, sollten Sie das in den Arbeitsverträgen regeln. Denn falls die Meinungen zwischen Ihnen und Ihren Arbeitnehmern zu sehr auseinander gehen, kann es leicht zum Streit kommen. Und der landet im schlimmsten Fall vor dem Arbeitsgericht. Klären Sie das also beizeiten – auch wenn aktuell noch gar nicht an Mehrarbeit zu denken ist. Dann werden Sie im Fall des Falles nicht eiskalt erwischt.
Versuchen Sie Ihren Arbeitnehmer aber nicht mit der pauschalen Abgeltungsklausel abzuspeisen, die besagt, dass Mehrarbeit immer durch die Vergütung abgegolten ist. Damit kommen Sie vor Gericht nämlich nicht durch.
Am unkompliziertesten ist es, die Mehrarbeit durch Freizeit auszugleichen, z.B. in Gleitzeit. Sie können auch Langzeitkonten einrichten. Dabei spart der Arbeitnehmer seine Überstunden auf, um z.B. früher in Rente zu gehen oder um eine längere Auszeit zu nehmen. Falls Ihnen die Freizeit Ihrer Mitarbeiter über den Kopf wächst, können Sie auch vereinbaren, dass ab einem bestimmten Quantum die Mehrstunden ausbezahlt werden.
Aber egal wofür Sie sich entscheiden. Sie müssen jede Stunde, die über die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden hinausgeht, schriftlich festhalten und die Nachweise mindestens zwei Jahre aufbewahren (§ 16 ArbZG).
Fazit: Alternativen planen
Wenn Ihre Leute ständig am Limit werken, sollten Sie sich etwas einfallen lassen. Denn Überstunden senken auf Dauer nicht nur die Moral – sie müssen auch ausgeglichen werden, z.B. durch Freizeit. Und Mitarbeiter, die Urlaub haben, können logischerweise nicht arbeiten, so dass nur neue Engpässe entstehen. Eine Alternative könnten Zeitarbeiter sein. Oder Sie machen es, wie die Lufthansa, wo die Hauptarbeit während der Reisezeit anfällt. Das Unternehmen setzt im Servicebereich daher auf flexible Jahresarbeitszeitmodelle, bei denen der Arbeitseinsatz nach Saison und betrieblichem Bedarf variiert. In den Urlaubswochen arbeiten diese Teilzeitkräfte mehr, dafür gibt in der Nebensaison länger frei.