Viele Mittelständler befürchten, dass Banken in Zukunft langfristige Kredite weitgehend über Fonds finanzieren und deshalb nur noch an Unternehmen vergeben werden, die nach einem einheitlichen Standard, den IFRS (International Financial Reporting Standards) bilanziert werden. Einen bunten Strauß an unterschiedlichen Sichtweisen der neuen Bilanzierungsregeln nach IFRS für den Mittelstand beleuchtet das Handelsblatt in seinem sehr interessanten Beitrag „Mittelständler fürchten Substanzverlust“.
Braucht der Mittelstand eigene IFRS? Andreas Möhlenkamp, vom Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) meint ja. „Wir wünschen uns eigenständige Spielregeln für kleine und mittlere Unternehmen, keine kleine Schwester der vollen IFRS.“ Ganz anderer Meinung ist laut Handelsblatt der Bochumer Bilanzprofessor Bernhard Pellens. Er glaubt, dass sich eine mittelständische Publizitätsbilanz nach IFRS nur in den Offenlegungspflichten vom Original unterscheiden sollte. Der Beitrag beleuchtet noch eine Menge weitere Aspekte.
Betrachtet man die Einführung der IFRS zusammen mit den Neuerungen durch Basel II, werden die Zeichen für einen tiefgreifenden Umbruch im Mittelstand sichtbar. Dann geht es nicht nur um eine etwas andere und aufwendigere Buchhaltung, sondern um die kaufmännische Sichtweise, die Philosophie, mit der ein mittelständisches Unternehmen in Zukunft sein Kreditpotenzial, seinen Markt und seine Erfolgschancen ausloten muss. Bernhard Pellens provokative Frage im Handelsblatt-Artikel: „Muss ein Gesetzgeber den Handwerker zwingen, sich besser über sein Unternehmen zu informieren?“ Hoffentlich bleibt bei so viel Informationslast das reale Handwerk am Ende nicht auf der Strecke. Und auch als Kunde möchte man eigentlich nur für die Handwerksleistung zahlen und nicht für die Schreibtisch(zu)arbeit für die Banken. (ml)