Achtung! Dieser Beitrag aus dem Textarchiv von Thomas Jannot ist eine Leseprobe aus der nächsten Ausgabe der internationalen Sonderhefte von PC Direkt, die in sechs Sprachen in bis zu 10 Ländern zugleich erscheinen.
Die Videobearbeitung am PC wird von unbedarften Anwendern meist unterschätzt. Schuld daran sind Softwareanbieter, die unrealistische Leichtigkeit suggerieren. Tatsächlich müssen Sie selbst für die Produktion eines etwas anspruchsvolleren Urlaubsvideos viele Stunden Arbeit einplanen.
Das Problem sind weniger die Programme selbst. Sie bieten in der Regel alles, was Sie brauchen, um sofort loslegen zu können. Doch mit ein paar Schnitten und etwas Musikuntermalung ist es nicht getan. Gute Schnitte wollen gekonnt sein. Um geeignete Übergänge von einer Sequenz zur anderen zu finden, ist wiederholtes Anschauen des Rohmaterials erforderlich. Wer mehrere DV-Kassetten von seiner Urlaubsreise mitgebracht hat, wird sehr viele Stunden allein dafür brauchen, um sie nur nach den besten Aufnahmen zu durchsuchen. Doch wer hat die Geduld, sich alles am Stück anzuschauen? Also werden Tage vergehen.
Hat man unvergessliche Sequenzen endlich gefunden und sich die Timecodes notiert (!), beginnt die langwierige Arbeit des Schneidens. Weit über 90 Prozent des Materials fällt dabei der Schere zum Opfer. Mit dabei sind Szenen, die man sich immer wieder anschaut und schließlich doch verwerfen muss. In renommierten Fernsehstudios bleibt von über 50 Stunden Rohmaterial weniger als eine Stunde übrig. Der Rest verschwindet.
Das ist unter geübten Videoamateuren kaum anders. Nichts ist langweiliger als ein privates Urlaubsvideo, das länger als 10 Minuten dauert. Hat man sich entschieden, beginnt der leichtere Teil der Arbeit, bei denen gute Softwareprogramme tatsächlich helfen können. Sie entsprechend zu bedienen ist meist eine Frage persönlicher Vorlieben und der Eingewöhnung. Professionelle Programme bieten allerdings eine Vielzahl von Schaltern, die verwirren. Deshalb ist es ratsam, sich zum Einstieg zunächst mit den Bordmitteln von Windows XP zu begnügen. Umso mehr weiß man Komfortfunktionen in spezialisierten Programmen später zu schätzen.
Wer sich mit der Videobearbeitung intensiver beschäftigt, muss im Wesentlichen fünf Arten von Software kennen, mit denen es Hobbyfilmer und Zuschauer zu tun haben. An erster Stelle sind die Player zu nennen. Das sind Abspielprogramme wie zum Beispiel der Media Player von Windows, Quicktime von Apple, PowerDVD von Cyberlink oder der MPlayer, der unter Linux besonders populär ist. Sie alle haben gemeinsam, dass sie möglichst viele Videoformate verstehen und ihren Inhalt am Bildschirm vorführen können. Die neuesten Versionen enthalten auch Optionen, die zumindest der Vorbereitung zur Nachbearbeitung dienen können.
Viel geeigneter zur Videobearbeitung sind zugeschnittene Editier-Programme wie Adobe Premiere, Ulead Videostudio, Cyberlink Powerdirector, Magix Video Delux, Pinnacle Studio Vision, Roxio Videowave oder der Moviemaker von Windows XP. Speziell für die Arbeit mit Filmstreifen konzipiert bieten sie mehr oder weniger komfortable Funktionen, die das Schneiden, Verschieben, Mischen und Synchronisieren von Video- und Tonsequenzen enorm erleichtern.
Beide Programmkategorien greifen in der Regel auf Codecs zurück, die als Schnittstelle zwischen Videoformaten und Wiedergabe- oder Bearbeitungsprogrammen dienen. Bei ihrer Verwendung kommt es darauf an, dass sie zum einen vom jeweils bevorzugten Programm überhaupt unterstützt werden. Darüber hinaus entscheidet die Richtung eines Codecs. Es ist ein Unterschied, ob eine Videodatei zum Abspielen nur gelesen oder zur Nachbearbeitung geschrieben werden soll. Es gibt kostenlose Codecs für mehrere Dutzend Formate. Und professionelle, die einige Tausend Euro kosten können. Entscheidend sind die Arbeitsgeschwindigkeit und die Kombinationsmöglichkeiten mit so genannten Filtern, die beispielsweise im Hochformat aufgenommene Videos ins Querformat konvertieren und vieles mehr.
Mit einem ungeeigneten Programm oder Codec kann die Erarbeitung eines 10 Minuten langen Kurzfilms viele Tage dauern, während geübte Amateure mit den richtigen Werkzeugen nur wenige Stunden benötigen. Ausschlaggebend dafür sind die Hardware und die effiziente Programmierung eines Codecs. Zum Glück gibt es Tools, die die Umwandlung von sperrigem Rohmaterial in besser geeignete Dateiformate ermöglichen, die von der Videobearbeitungs-Software tatsächlich unterstützt werden. Solche Programme, meist Encoder genannt, werden unter Insidern ständig diskutiert und von Vollprofis gern auch als Berufsgeheimnis verschwiegen. Kostenlos zu haben ist zum Beispiel TMPGEnc, während beispielsweise der MPEG-Encoder von Mediaconcept 150 Euro kostet. Letzterer wird wegen seiner hohen Geschwindigkeit von kommerziellen Videopaketen lizenziert.
Darüber hinaus gibt es Mediacenter. Das sind Programmpakete, die das Betriebssystem eines PCs zu einer Aufnahme- und Abspielzentrale umfunktionieren. Während sie laufen, treten andere für den Computer typische Arbeiten in den Hintergrund. Dafür sind sie fernbedienbar und auf wesentliche Funktionen reduziert, die die Bedienung des Mediacenters auch aus mehreren Metern Entfernung von der Wohnzimmercouch aus ermöglichen. Mediacenter haben den Nachteil, dass sie sich auf die Programmmodule aus einer Hand stützen. Fremdformate und spezielle Optionen werden kaum unterstützt.
Weil Stummfilme nicht jedermanns Sache sind, gilt es eine weitere Programmkategorie zu berücksichtigen, die für die Videobearbeitung wichtig ist – Soundpakete. Zwar beherrschen alle Videoprogramme die komfortable Bearbeitung von Tonspuren. Doch anspruchsvolle Videos brauchen einen professionell abgemischten Soundtrack, den Experten lieber mit speziell geeigneten Soundprogrammen bearbeiten, bevor er zur Synchronisation in die Videobearbeitung gelangt. Allein diese Arbeit kann Wochen dauern – geeignetes Material und Urheberrechte vorausgesetzt. Aber das ist eine andere Story.