Echte Bilder für gefälschte Produkte – keine Novität mehr im Internet. International agierende Produktfälscher klauen ungeniert die Fotos von den Websites und aus den Prospekten der Markenhersteller, um damit ihre billigen Imitate anzupreisen. Elektronische Suchmöglichkeiten können aber helfen, solche Angebote zu finden. Das Darmstädter Fraunhofer-Institut IPSI informiert auf der eigens dazu eingerichteten Internet-Website über die Möglichkeiten, digitale Bildwasserzeichen und dazugehörige Suchrobots einzusetzen, um Plagiate im Internet aufzuspüren.
Ähnlich wie bei dem bereits von den Wissenschaftlern um Dr. Martin Steinebach als Prototyp vorgestellten Tauschbörsen-Client, mit dem raubkopierte Musikdateien im Internet identifiziert werden können, sucht eine Software selbständig Wasserzeichen in den Bilddateien auf Shoppingportalen. Erkennt ein Suchagent auf einer Website ein Bild, das aus einem Herstellerkatalog stammt, kann der Hersteller automatisch darüber informiert werden. Voraussetzung ist natürlich, dass die Markenhersteller selber diese unsichtbaren Bildwasserzeichen in ihre Werbebilder eingebaut haben. Dann aber sind die Wasserzeichen praktisch nicht mehr zu entfernen. Selbst ein Verkleinern, Vergrößern, Ausschneiden oder andere Veränderungen an den Bildern hilft dem Markenpiraten nicht. Er kann, wegen der Unsichtbarkeit der Wasserzeichen, noch nicht einmal feststellen, ob seine Manipulationen erfolgreich waren oder nicht.
"Nur der, der den Algorithmus und den geheimen Schlüssel des Wasserzeichens kennt, kann es überhaupt auslesen", betont Steinebachs Stellvertreter Diplom-Physiker Sascha Zmudzinski. "Mit unsicheren Verfahren der Bilderkennung, die sich entweder leicht durch Manipulationen austricksen lassen oder viel zu viele falsche Treffer liefern, hat das nichts zu tun. Das Wasserzeichen bietet den Vorteil, dass man immer nach dem selben Wasserzeichen-Muster sucht, wogegen man einem Bild-Erkennungssystem jedes neue Bild erst antrainieren müsste."
Nach einer aktuellen Studie der Universität Mainz ist zwischen 1998 und 2004 die Anzahl der vom Zoll beschlagnahmten Produktfälschungen um etwa 1000 Prozent gestiegen, die tatsächliche Zahl der gefälschten Produkte wird deutlich höher geschätzt. Während früher vor allem die Uhren-, Textil- und Parfumindustrie mit dem Problem zu kämpfen hatten, treffe es heute gleichermaßen beispielsweise auch die Pharmaindustrie oder die Automobil- und Flugzeugindustrie, erläutert Prof. Dr. Frank Huber vom Lehrstuhl für Marketing I der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. "Über den Zeitraum von einem Monat haben wir Einzelversteigerungen der Internet-Auktionsplattform Ebay beobachtet, die das Markenprodukt ‚Davidoff Cool Water Deep 100 ml‘ zum Verkauf anboten", so Huber. Dabei wurden 248 Auktionen mit insgesamt 256 Produkten ausgewertet. Das Ergebnis war beunruhigend: 84,4 Prozent der Produkte der Stichprobe ließen sich als Fälschung identifizieren, lediglich 7 Prozent als verkäufliches Original. "Unternehmen müssen sich dieses gravierenden Problems bewusst werden", mahnt Huber. "Das ist bereits ein erster Schritt, um gegen Marken- und Produktpiraterie erfolgreich vorzugehen." Mangelnde Qualität bei einem gefälschten Produkt könne sich auf die Originalmarke auswirken. Ihre Image-, Prestige- und Vertrauensfunktionen werden missbraucht, das Ansehen der Marke geschädigt; ganz abgesehen von den enormen Umsatzeinbußen, die sich für große Unternehmen ergeben.
Zum gleichen Thema veranstaltet die IHK Darmstadt vom 28. August bis 31. Oktober 2006 die Ausstellung "Weltmarken – Markenwelt, Vorsicht Plagiate". (idw Informationsdienst Wissenschaft/ml)