Besitzt eine Arbeitnehmergruppierung Gewerkschaftsstatus, genießen ihre Vertreter weitreichende Privilegien und Rechte gegenüber dem Arbeitgeber. Gerade mittelständische Unternehmen in Spezialmärkten sehen sich deshalb immer wieder mit Gruppen konfrontiert, die den Anspruch einer Gewerkschaft erheben. Dabei ist der Gewerkschaftsstatus eng mit formalen Voraussetzungen verbunden. Welche das sind, macht ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19 September deutlich. Pikanter Nebenaspekt: In dem Urteil wurde ausgerechnet dem Verband der Gewerkschaftsbeschäftigten (VGB) der Status einer Gewerkschaft abgesprochen.
Das Urteil des BAG kommentiert Rechtsanwalt Martin J. Warm, Fachanwalt für Arbeits- und Steuerrecht, Wirtschaftsanwalt und Mitglied der Kanzlei Warm & Kanzlsperger in Paderborn:
Das BAG hat mit Beschluss vom 19. September 2006 – 1 ABR 53/05 (LAG München, Beschluss vom 10. August 2005 – 7 TaBV 66/04) wie schon die Vorinstanzen – den Antrag des nicht tariffähigen Verbands der Gewerkschaftsbeschäftigten (VGB) abgewiesen, mit dem dieser die Verpflichtung des Betriebsrats eines Landesbezirks der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) erreichen wollte, nach § 46 Abs. 1 BetrVG einem Verbandsbeauftragten Zutritt zu den Betriebsversammlungen zu gewähren.
Nach Auffassung des BAG ist eine Gewerkschaft im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes nur eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung. Der Gewerkschaftsbegriff wird auch in diesem Gesetz in seiner allgemeinen Bedeutung verwendet. Danach sind Gewerkschaften solche Arbeitnehmervereinigungen, die in der Lage sind, Tarifverträge abzuschließen. Diese Eigenschaft setzt der Gewerkschaftsbegriff seit jeher voraus. Die Rechte, die das Betriebsverfassungsgesetz den „Gewerkschaften“ einräumt, können deshalb nicht von Arbeitnehmervereinigungen in Anspruch genommen werden, denen es an der zur Tariffähigkeit erforderlichen sozialen Mächtigkeit fehlt. Das ist mit deren durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Betätigungsfreiheit vereinbar. Die Befugnisse der Gewerkschaften nach dem Betriebsverfassungsgesetz bestehen im Interesse der betriebsverfassungsrechtlichen und tarifrechtlichen Ordnung. Ihre effektive Wahrnehmung verlangt nicht nur eine leistungsfähige Organisation, sondern auch die Bereitschaft und die Fähigkeit, den komplexen Verflechtungen und Wechselwirkungen von Tarif- und Betriebsverfassungsrecht Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber durfte in typisierender Weise davon ausgehen, dass hierüber nur tariffähige Arbeitnehmervereinigungen in ausreichendem Maße verfügen. (Quelle PM des BAG) (openPR/ml)