Der D-A-CH-Reformbarometer des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln betrachtet die wirtschaftliche Weiterentwicklung der drei (zumindest mehrheitlich) deutschsprachigen europäischen Länder Deutschland, Österreich und Schweiz. Im aktuellen Vergleich hat Österreich seine Top-Position verteidigt. Das Institut stellt allerdings in Wien eine „Reformpause in der Wirtschaftspolitik“ fest. Ergeben hat der Drei-Länder-Vergleich nach Meinung der Experten auch, dass die Schweiz 2006 nach einem verschenkten Jahr 2005 einiges richtig gemacht hat, sich die große Koalition in Berlin hingegen zu oft „selbst ein Bein stellt“.
Globalisierung, wirtschaftlicher Strukturwandel und Alterung der Gesellschaft verlangen adäquate politische Reaktionen. Welchem der drei Länder dies besonders gut gelingt, untersuchen für das Barometer seit September 2002 das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Avenir Suisse, Thinktank der Schweizer Wirtschaft. Die drei Institutionen berücksichtigen für das D-A-CH-Reformbarometer sämtliche politischen Umbaumaßnahmen in den Bereichen Arbeitsmarkt, soziale Sicherung sowie Steuern und Finanzen. Bewertet wird, wie gut Regierungsbeschlüsse, Gesetzentwürfe, Änderungen während der parlamentarischen Beratung und verabschiedete Gesetze geeignet sind, die Rahmenbedingungen für Beschäftigung und Wirtschaftswachstum zu verbessern. Für die Schweiz werden außerdem Volksabstimmungen berücksichtigt.
Der Reformbedarf in den drei Ländern unterscheidet sich allein schon durch die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen recht deutlich: Österreich lag 2005 beim Pro-Kopf-Einkommen sogar leicht vor der Schweiz – diese wiederum glänzt mit ihrer niedrigen Arbeitslosenquote und einem nahezu ausgeglichenen Staatshaushalt. Deutschland hingegen hinkt hinsichtlich Wohlstand, Arbeitslosigkeit und Haushaltsdefizit hinterher. Lediglich die Steuern sind hierzulande im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) geringer als in den beiden anderen Ländern. Dafür greift der Staat über die Sozialabgaben umso stärker auf die Einkommen der Bürger zu.
Zum anderen muss die Politik in den drei Ländern auch deshalb verschiedene Schwerpunkte setzen, weil sie mit jeweils spezifischen Problemen zu kämpfen hat. Deutschland bereitet beispielsweise die hohe Zahl von Langzeitarbeitslosen Bauchschmerzen, während in Österreich vor allem fehlende Konkurrenz im Gesundheitswesen ein Thema ist und in der Schweiz die Überregulierung des Binnenmarkts den Wettbewerb behindert.
In allen Ländern haben die Regierungen in den zurückliegenden vier Jahren zwar einiges unternommen, jedoch mit höchst unterschiedlichem Erfolg: Die beste Bilanz weist Österreich auf – die Wiener Bundesregierung verbuchte in diesem September 14,5 Reformbarometerpunkte mehr für sich als im Herbst 2002. Zuletzt war die Ausbeute jedoch mager – das vergangene Jahr brachte gerade einmal 0,3 Reformpunkte. Das Kabinett Merkel/Müntefering kommt auf mittelmäßige 109,2 Zähler. Aber immerhin hat die große Koalition binnen eines Jahres knapp 2 Punkte zugelegt. Die Schweizer sind mit 103,4 Punkten zwar wie 2005 Schlusslicht im D-A-CH-Reformbarometer, bewiesen in den vergangenen zwölf Monaten aber mit einem Plus von knapp 3 Punkten den größten Modernisierungselan.
Eine detailiertere Betrachtung steht als PDF-Dokument im Internet zur Verfügung. Die komplette Studie kann als Buch zum Preis von 24.80 € bezogen werden. (IW/ml)