Mittelständler sind säumige Kunden zunehmend leid. Etwa ein Dittel der Unternehmen greift verstärkt zum drastischen Mittel des Lieferstopps. Im Durchschnitt erfolgt die Liefereinstellung nach 74 Tagen ab dem vereinbarten Zahlungstermin. Im internationalen Vergleich ist dies ein eher später Zeitpunkt. So das Ergebnis einer Studie des Anbieters für Forderungsmanagement Intrum Justitia.
Die Spannweite ist jedoch groß, sie reicht von fünf Tagen bis hin zu 360 Tagen. 13% der Unternehmen stoppt weitere Lieferungen bereits während des ersten Monats nach Rechnungsfälligkeit, 42% während des zweiten Monats, 27% während des dritten, 18% erst nach über drei Monaten.
Im internationalen Vergleich warten die deutschen Unternehmen mit durchschnittlich 74 Tagen recht lange, bis sie einen Lieferstopp verhängen. Länder, in denen dies bereits wesentlich früher der Fall ist, sind Finnland (39 Tage), Ungarn (44 Tage), Polen (47 Tage) und Lettland (48 Tage).
Dagegen später als in Deutschland ziehen die mittelständischen Gläubiger in folgenden Ländern die Notbremse: in Spanien (79 Tage), Italien (81 Tage), Schweiz (83 Tage), Belgien (84 Tage) und insbesondere Portugal (100 Tage).
Laut den befragten Unternehmen liegt die Entscheidung, Lieferungen und Leistungen an einen säumigen Zahler einzustellen, mehrheitlich im Kompetenzbereich der Geschäftsleitung (71% der befragten Unternehmen). An zweiter Stelle liegt die Entscheidungsbefugnis im Finanzbereich (34%), und in lediglich 15% der Unternehmen liegt sie im Aufgabenbereich der Verkaufsverantwortlichen. Eine automatisierte, IT-basierte Leistungseinstellung wird von 13% der Unternehmen eingesetzt.
Je größer ein Unternehmen ist, desto stärker wird die Entscheidungskompetenz in den Finanzbereich delegiert. Bei 83% der Unternehmen, die bis zu 50 Mitarbeiter beschäftigen, entscheidet die Geschäftsleitung, bei Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter beträgt der Anteil nur noch 41%, während der Anteil des Finanzbereichs entsprechend ansteigt.
Häufigste Kriterien für eine Liefereinstellung sind laut der Studie: Dauer der Außenstände, Höhe der Außenstände sowie die Bonität des Kunden. Andere Kriterien werden nur selten eingesetzt. In den meisten Fällen stützt sich eine Entscheidung auf mindestens zwei der genannten Kriterien.
Die Erfahrungen der befragten Unternehmen mit Lieferstopps sind zwiespältig. Während sich bei 55% der Unternehmen die Kundenbeziehung nach einer Liefereinstellung nicht wesentlich verändert hat, hat sie sich bei 19% verbessert und bei 26% verschlechtert. Werden nach einem Stopp die Lieferungen wieder aufgenommen, so hat dies bei der Mehrheit der Unternehmen (68%) keine nennenswerten Auswirkungen auf den Umsatz mit diesem Kunden, 37% verzeichnen einen niedrigeren Umsatz, und bei etwas über einem Prozent der Unternehmen hat sich der Umsatz erhöht. (na/ml)