Im Marketing gibt es noch immer wenige wirklich fundierte Untersuchungen über das Verhalten und die Gewohnheiten der Über-55-Jährigen. Dem will eine neue Studie der Hochschule Bremerhaven abhelfen. Wichtigstes Ergebnis: Ältere Menschen wünschen sich durchaus eine telefonische Ansprache, vor allem in Form von Beratung.
Die Studie wurde im Januar 2007 im Rahmen einer Projektarbeit im Weiterbildungsstudium Communication Center Management an der Hochschule Bremerhaven ausgearbeitet und basiert auf einer telefonischen Befragung von 254 Kunden in der Zielgruppe 55-Plus einer Sparkasse in Norddeutschland.
„Der Zielgruppe der so genannten ‚Best Agers‘, d.h. der Altersgruppe 55-Plus, kommt aufgrund des ausgeprägten demographischen Wandels unserer Gesellschaft eine immer höhere wirtschaftliche Bedeutung zu“, sagt Prof. Dr. Heike Simmet, Marketingexpertin und wissenschaftliche Leiterin des Weiterbildungsstudiums Communication Center Management. Dennoch werde diese Zielgruppe im Telefonmarketing oftmals völlig ausgeklammert. Als zu schwerwiegend würden die vermeintlichen Probleme im telefonischen Umgang mit den Best Agers angesehen. „Vielfach werden in den üblichen Zielgruppenselektionen die Altergruppen der Über-65-Jährigen und der Über-70-Jährigen gar nicht mehr ausgewertet“, so Simmet.
Dabei hat sich bei dieser stetig wachsenden Altersgruppe in relativ kurzer Zeit ein bemerkenswerter Wandel im Selbstverständnis und Verhalten entwickelt. Sie gilt heute als
- experimentierfreudig, aber kritisch,
- Kauf erfahren und deshalb anspruchsvoll und beratungsinteressiert,
- aktiv und vital und damit konsumfreudig.
Das biologische und das gefühlte Alter klaffen zudem weit auseinander. Dies führe dazu, dass das biologische Alter um bis zu 15 Jahre vom gefühlten Alter abweicht. Nicht umsonst bezeichne man die früher als „Senioren“ charakterisierte Zielgruppe heute treffender als Best Agers.
Es handele sich bei der Generation 55-Plus insgesamt um eine zwar heterogene, aber äußerst attraktive Zielgruppe für die Call-Center-Branche. Das Potenzial zur telefonischen Ansprache dieser Zielgruppe werde in vielen Branchen jedoch noch unzureichend ausgeschöpft. Vor allem im Finanzsektor zeigten sich neue Ansatzpunkte zur Intensivierung der Kundenbeziehungen durch aktives Telefonmarketing.
Fazit der Studie: Je stärker die Automatisierung durch Selbstbedienung im Finanzsektor anhält, desto mehr Aufmerksamkeit sei der telefonischen Ansprache der Kunden zu widmen. Nur durch eine mehrkanalige Ansprache, die das Telefon bewusst als Kommunikationsweg einsetzt, ließe sich das Ertragspotenzial der Generation 55-Plus voll ausschöpfen. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass bei einem für die Zielgruppe relevanten Thema die Outboundtelefonie mit einem vorab versandten Mailing eine erfolgreiche Form der Kundenansprache sein kann. (idw/ml)