Die verbreitete Vorstellung, dass ein „Jugendwahn“ in der Arbeitswelt immer mehr um sich greife, ist nach Meinung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin falsch. Vielmehr treffe das Gegenteil zu: Im Erwerbsleben verschiebe sich die Struktur immer mehr hin zu den Älteren.
So habe die Zahl der Erwerbstätigen unter 40 Jahren in den letzten Jahren spürbar abgenommen und ziehe erst mit dem jüngsten Konjunkturaufschwung wieder etwas an. Dagegen sei die Zahl der Erwerbstätigen im Alter von mehr als 50 Jahren deutlich und stetig gewachsen, von 8 Mio. im Jahr 1998 auf 9,5 Millionen im Jahr 2006. Gegenläufige Entwicklungen zwischen Älteren und Jüngeren zeigen sich sowohl bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, den geringfügig Tätigen als auch bei den Beamten. Bei den Selbstständigen hat die Zahl der Älteren überdurchschnittlich zugenommen. Ebenfalls sei der auf ältere Arbeitnehmer entfallende Anteil am gesamten Arbeitsvolumen gestiegen.
Diese Entwicklung sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegszeit auf ihren Arbeitsplätzen altern. Allerdings trage die demografische Entwicklung nur zu einem Teil zu einer Verschiebung des Erwerbspersonenpotentials hin zu den Älteren bei. Hinzu komme, dass die Älteren – insbesondere Personen ab 55 Jahren – länger im Erwerbsleben bleiben wollen.
Das liege vor allem daran, dass infolge der vermehrten Bildungsanstrengungen seit Mitte der Sechziger Jahre das Qualifikationsniveau der Gruppe der Erwerbspersonen im Alter von 50 Jahren und mehr deutlich gestiegen sei, und – wie auch ein internationaler Vergleich zeigt – ältere Personen mit einem höheren Ausbildungsabschluss stärker als Geringqualifizierte dazu neigen, erwerbstätig zu sein. Die Strukturverschiebung werde noch an Tempo gewinnen, wenn die meist gut ausgebildeten 40- bis 49-Jährigen, die zu Zeiten des Baby-Booms geboren wurden, altern, so das Institut.
Weil das Erwerbspersonenpotential zunehmend altere, müssten sich die Unternehmen mit einer vorausschauenden Personalpolitik darauf einstellen. Vor allem komme es darauf an, das Humankapital der Arbeitnehmer ständig weiterzuentwickeln. Ältere dürften dabei nicht ausgeklammert werden. Staatliche Anreize zur Frühverrentung laufen dem zuwider und sollten aufgegeben werden, mahnt das Institut. (DIW/ml)