Gangl Dienstleistungen sieht sich als Schnittstellenentwickler von und zu Outlook und Exchange Server. Das Unternehmen bietet Erweiterungen für die Kommunikationslösungen von Microsoft. Die Produkte von Gangl sollen den Praxisbezug der Microsoft-Lösungen erhöhen. „Wir greifen auf, was in Outlook und Exchange Server nicht praxisorientiert implementiert oder verwendbar ist, und bieten dem Kunden ein passendes Add-on“, so Thomas Gangl, Geschäftsführer von Gangl Dienstleistungen, im Interview mit dem MittelstandsWiki.
Welche Stärken und Schwächen haben Outlook und Exchange für den Mittelstand? Wie verbessern die Add-ons diese Produkte?
Thomas Gangl: Microsoft Outlook und Exchange Server sind meines Erachtens der De-facto-Standard im Bereich der elektronischen Unternehmenskommunikation. Doch den beiden Kommunikationslösungen von Microsoft fehlt teilweise der notwendige Praxisbezug. Wir greifen mit unserer Software-Entwicklung auf, was in diesen Produkten nicht praxisorientiert implementiert oder verwendbar ist. Microsoft selbst sieht Outlook und Exchange Server als Plattform an. Erweiterungen um Funktionen, die sich verschiedene Kunden wünschen, werden durch Microsoft-Partner wie uns vorgenommen. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. Seit 1. Januar 2007 haben wir neue gesetzliche Anforderungen an die E-Mail-Signatur. Die reine Outlook- und Exchange-Plattform bietet hier keine Lösung. Wir haben deshalb entsprechende Funktionalitäten in einem Add-on zur Verfügung gestellt, das in den letzten Wochen und Monaten sehr stark nachgefragt wurde.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, gerade für Outlook und
Exchange Server Add-ons zu entwickeln?
Thomas Gangl: Es war weniger eine Idee, sondern die Anfrage eines Kunden. Als 1997 die erste Outlook-Version auf den Markt kam, waren wir noch im Bereich Datenbank-Applikationen tätig. Ein Kunde sprach uns an, ob wir ihm dabei helfen könnten, in MS Word Serienbriefe mit den Kontaktdaten aus Outlook zu generieren. Wir merkten schnell, dass für solche Lösungen ein großer Bedarf auf dem Markt besteht. Inzwischen sind wir zehn Mitarbeiter und beschäftigen uns mit der praxisbezogenen Erweiterung von Exchange und Outlook.
Welche Add-ons wurden in der Vergangenheit durch KMU besonders nachgefragt?
Thomas Gangl: Neben dem bereits genannten Add-on für die gesetzlich geforderte E-Mail-Signatur wären ein Gruppenkalender für Outlook und Exchange zu nennen, die Langzeitarchivierung auf Basis von PDF/A sowie der mobile Echtzeitzugriff auf Outlook und Exchange Server. Bei dem zuletzt genannten Add-on stehen wir im Wettbewerb zu der Push-Lösung von Microsoft und BlackBerry. Wir sehen auch hier unseren Vorteil in der stärkeren Praxisorientierung. Wir sind selbst ein Mittelständler und nutzen all die Produkte von uns, deren Einsatz in unserem Unternehmen Sinn macht. Darunter ist auch die Lösung für den mobilen Echtzeitzugriff. Wenn wir feststellen, dass eine Lösung im täglichen Gebrauch noch verbessert werden kann, so kommen die Optimierungen in eines der nächsten Updates. Diese Updates erhalten unsere Kunden kostenlos.
Werden auch Ergänzungen zu Open-Source-Produkten angeboten?
Thomas Gangl: Im Prinzip ja. Aber solche Anfragen machen gerade einmal ein Prozent aus. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass Outlook und Exchange als Standard angesehen werden können. Die Nachfrage nach Alternativen ist eher gering. Außerdem sehe ich bei Open Source für die Anwender verschiedene Probleme. Zum einen hat man ohne weiteres keinen Supportanspruch und bekommt auch keine Schulung. Individualisierungen kann man durch den offenen Sourcecode selbst vornehmen oder von einem Dienstleister vornehmen lassen. Kommt jedoch ein Update der Basisversion, muss man alle betroffenen Erweiterungen selbst nachziehen oder nachziehen lassen. Trotz der kostenfreien Lizenz entstehen also durch Open-Source-Produkte beachtliche Zusatzkosten.
Wie kommt es zu der Entwicklung eines Add-ons?
Thomas Gangl: Wir erhalten zuerst immer Input von den Anwendern oder aus den Internet-Foren, dies bringt den Praxisbezug in unsere Lösungen. Wir sammeln die Anfragen, kategorisieren und gewichten diese. Wird ein gewisser Schwellenwert erreicht, machen wir aus den entsprechenden Anfragen ein Standard-Add-on. Für dieses Add-on haben wir von Anfang an einen Markt und die notwendigen Projektteilnehmer für die Entwicklung. Die Add-ons bieten trotz der Standardisierung noch Raum für Individualität. Man kann sich vorstellen, dass man bei den Standardprodukten über Schalter bestimmte Funktionen aktivieren oder deaktivieren kann, je nach Bedarf. Kommen neue, relevante Anforderungen zu einer bestehenden Lösung, so werden diese Teil der kostenlosen Updates. Eignet sich eine Lösung als Standard-Add-on, so übernehmen wir die Hälfte der Entwicklungskosten. Wir entwickeln aber auch Individualsoftware. Diese Projekte machen sogar 80 Prozent unseres Umsatzes aus, die Standard-Add-ons die restlichen 20 Prozent. Oft beginnen Kunden mit einem Standard-Add-on und beauftragen uns dann mit einer Individualentwicklung.
Könnten Sie ein Beispielprojekt benennen?
Thomas Gangl: Nehmen wir Gabor Schuhe. Dort hat man unsere Lösung für den mobilen Echtzeitzugriff für den Außendienst im Einsatz. Die Vertriebler können vor Ort beim Kunden in Echtzeit auf die Kontaktdaten der Kunden auf dem Exchange-Server zugreifen und eine neue Telefonnummer des Ansprechpartners eintragen. Diese Änderung steht sofort allen anderen Mitarbeitern zur Verfügung. Daneben nutzt Gabor unseren Gruppenkalender für Termin- und Urlaubsübersichten. Wir haben auch ein individuelles Projekt für dieses Unternehmen umgesetzt. Dabei ging es darum, die Kontakte aus dem ERP-System in den öffentlichen Ordner von Exchange automatisch zu übertragen.
Werden bestimmte Zusatzfunktionen mit der Zeit von Microsoft selbst angeboten?
Thomas Gangl: Ja, aber Microsoft implementiert diese Zusatzfunktionen oft nur rudimentär. Man könnte sagen, gut gedacht, aber nicht bis zum Ende. Meist fehlt der Praxisbezug. Wir kennen als Microsoft-Partner die Pläne für die nächsten Releases und können entsprechend reagieren. Gibt es eine Funktion in Outlook oder Exchange, erfinden wir das Rad nicht neu.
Was können Unternehmer tun, wenn sie komplett auf Linux umsteigen, aber bei Outlook oder einem Exchange-Server bleiben wollen oder müssen?
Thomas Gangl: Da haben wir keine Lösung im Angebot. Allerdings ist Microsoft in diesem Bereich der Standard. Die entsprechenden Open-Source-Alternativen beanspruchen meiner Erfahrung nach die Ressourcen noch stärker, als Exchange dies tut.
Thomas Gangl, Geschäftsführer von Gangl Dienstleistungen, gründete das Unternehmen mit Sitz in Heubach-Lautern im Jahr 1993. Das Unternehmen bietet ein Spektrum an Dienstleistungen im Bereich Messaging und Groupware an, darunter Consulting, Schulung, Support und individuelle Software-Entwicklung. Ein selbst entwickeltes Sortiment an praxisorientierten Outlook-Add-ons und Exchange-Serverdiensten rundet das Angebot ab. Gangl Dienstleistungen hat beim diesjährigen Innovationspreis ITK der Initiative Mittelstand eine Auszeichnung erhalten. |
Das Interview führte Oliver Schonschek.