Patentschutz darf den Wettbewerb nicht verdrängen, denn auch Wettbewerb ist ein wichtiger Treiber für Innovationen. Zu diesem Ergebnis kommt der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in seinem neuesten Gutachten mit dem Titel „Patentschutz und Innovation“. Damit stellen sich die Wissenschaftler gegen Bestrebungen in der EU, den Patentschutz zu überziehen und Missbrauchsentwicklungen wie in den USA zu ermöglichen. Bundeswirtschafts- minister Michael Glos begrüßte die Ergebnisse der Expertise ausdrücklich.
Der Beirat rät dringend, stattdessen die derzeitigen Qualitätsvorteile der europäischen Patentinstitutionen gegenüber anderen Regionen, insbesondere den USA, zu bewahren und auszubauen. Einer Harmonisierung der Patentsysteme auf dem niedrigen Qualitätsniveau der Patentprüfung in den USA müsse entschieden widersprochen werden. Ein solcher Schritt würde nach Meinung der Beitratsexperten die europäische Wirtschaft einem System aussetzen, das Innovation behindert und nicht unterstützt. Deshalb warnen sie dringend davor, trivialen Erfindungen Patentschutz zu gewähren. Als Alternative schlagen die Experten vor, u. a. die Anreize im Patentsystem anzupassen.
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos lobte die Expertise des Beirats ausdrücklich auch als Mahnung, die Qualität von Patentprüfungen und – erteilungen sowohl auf nationaler wie europäischer Ebene weiterhin sicherzustellen. Glos: „Triviale – durch ein Patentsystem geschützte – Erfindungen sind nicht geeignet, Innovation und damit Wachstum und Beschäftigung zu fördern. Auch können zu stark vernetze Patentgeflechte den Wettbewerb nachhaltig behindern. Unser Ziel muss es daher sein, ein ausgewogenes System des Patentschutzes aufrecht zu erhalten, das ein Gleichgewicht zwischen dem Anreiz für Innovationen und der Teilhabe der Gesellschaft am technologischen Fortschritt schafft.“
Das vollständige Gutachten steht per Download zur Verfügung. (BMWi/ml)
MittelstandsWiki meint: Das Gutachten ist ein wichtiger und richtiger Beitrag zur Patentschutzdebatte. Patentschutz war von seinen geistigen Vätern nie als Ruhekissen und Gebietsschutz verstanden worden, sondern hatte nur den einen Zweck, dem jeweiligen Erfinder für eine begrenzte Zeit die Möglichkeit zu eröffnen, seine Entwicklungskosten wieder einfordern und sein Leben als Innovator weiter bestreiten zu können. Selbst diese Zielsetzung entsprang vorrangig keiner moralischen Überlegung oder dem Mitleid mit dem armen Erfinder, sondern der klaren volkswirtschaftlichen Absicht, die besondere Arbeitskraft, die Innovationskraft des Erfinders der Gesellschaft zu erhalten. Das lässt sich leicht an der Ausgestaltung des ursprünglichen Patentrechts ablesen.
Trivialpatente haben hingegen nur einen Zweck: Technologische Bereiche, für die eben gerade keine Innovationen vorliegen, auf Verdacht zu reservieren und mögliche Innovatoren solange auszusperren, bis man selbst eine Innovation vorweisen und vermarkten kann – selbst auf die Gefahr hin, nie eine solche zu entwickeln. Im schlimmsten Fall dienen Trivialpatente sogar dazu, echte Innovatoren abzukassieren und zu demotivieren. Die Kosten für Trivialpatente haben für kleine und mittlere Firmen ein ganz anderes Gewicht als für große Unternehmen. Ihre Erteilung und Durchsetzung ist zudem mit mehr Arbeitsaufwand verbunden, als dies bei Patenten auf echte Innovationen der Fall ist. Beides trägt dazu bei, dass sich Trivialpatente vor allem große Unternehmen leisten können. Allein das sollte bereits alle Mittelständler und selbtsständigen Innovatoren zum Protest gegen Trivialpatente auf die Barrikaden treiben. (ml) |