Vier Fünftel der deutschen Top-Führungskräfte arbeiten mehr als 50 Stunden pro Woche, ergab eine „Work-Life-Balance“-Studie der Managementberatung Kienbaum in Kooperation mit dem Harvard Businessmanager. Die Hälfte der Manager mit einem Jahresgehalt von mehr als 200.000 Euro habe sogar eine 60- bis 70-Stunden-Woche, so die Studie weiter. Damit arbeiten diese deutschen Führungskräfte im Schnitt länger als ihre US-amerikanischen Kollegen, bei denen nur 35% länger als 60 Stunden arbeiten.
Nahezu alle deutschen Befragten (96%) arbeiten auch am Wochenende. Etwa ein Drittel der Top-Manager (mit mehr als 200.000 Euro Jahresgehalt) befassen sich zwischen zehn und 20 Stunden an Samstagen und Sonntagen mit ihrem Job. 85% aller Manager erkennen eine deutliche Zunahme der Arbeitsbelastung in den vergangenen fünf Jahren. Jedoch empfinden vier Fünftel aller deutschen Führungskräfte diese erhöhte Arbeitsbelastung als herausfordernd bzw. als normal. 95% betonen, dass ihnen ihr Job Spaß mache.
In Deutschland wie in den USA habe sich ein neuer Manager-Typus, der „Extremjobber“ herausgebildet, erläutert Jochen Kienbaum, Vorsitzender der Geschäftsführung von Kienbaum Consultants International das Ergebnis. In dieser Entwicklung liege aber auch eine Gefahr. Die Entwicklung von Strategien und Visionen könne angesicht zu vieler operationaler Aufgaben zu kurz kommen. Das gleiche gelte für Führung und Kommunikation.
Ein Drittel der befragten Top-Manager gab an, mehr als zweimal pro Woche geschäftlich zu reisen, bei den Besserverdienenden (mehr als 200.000 Euro Jahresgehalt) sind es sogar 42%. Es fällt auf, dass diese Gruppe stark durch Herausforderungen (87%), Anerkennungen (57%), intellektuelle Leistungen (46%) oder durch „Adrenalinkicks“ (15%) in Folge extremer Leistungen angetrieben werden. Extremsportarten wie Fallschirmspringen, Bungee-Jumping oder Marathon sind bei deutschen Top-Managern folglich auch im Privatleben sehr beliebt.
Neben diesen inneren Motivatoren veranlasst allerdings auch ein erhöhter Wettbewerbsdruck die Manager zu einem erhöhten Arbeitseinsatz. Es gibt laut Studie eine immer größere Transparenz über die Leistung einer Führungskraft, so dass individueller Einsatz messbar und vergleichbar gemacht wird.
Trotz Anerkennung, intellektueller Herausforderung und einem gut gefüllten Bankkonto birgt das Extremjobben nicht Gefahren: Annähernd 50% der deutschen Top-Manager sind sich bewusst, zu wenig Zeit mit dem Partner zu verbringen. Auch die Gesundheit leidet unter dem extrem anspruchsvollen Berufsleben: Drei Viertel geben zu, sich zu wenig zu bewegen. Zwei Drittel der Befragten streben an, ihren Job höchstens noch fünf Jahre unter derzeitigen Bedingungen zu machen. Bei den Besserverdienenden sind es rund drei Viertel.
Ein konsequenter Ausgleich zwischen Berufs- und Privatleben sollte sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber von hohem Interesse sein, mahnt Jochen Kienbaum. Allerdings sei das Phänomen Extremjobbing in den Personalabteilungen noch nicht wirklich angekommen, Konzepte steckten vielerorts noch in den Kinderschuhen.
Für die Studie wurden 142 deutsche Führungskräfte zu ihrer aktuellen Arbeitssituation befragt.(Kienbaum/ml)