Mitbestimmung der etwas anderen Art

Eine Befragung von knapp 2000 Unternehmen durch das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ergab, dass Betriebsräte als Mitarbeitervertretungen in Deutschland längst nicht so konkurrenzlos sind, wie Gewerkschaften glauben machen wollen. Weniger als die Hälfte der Beschäftigten in privatwirtschaftlichen Betrieben lassen ihre Interessen gegenüber der Geschäftsleitung durch einen Betriebsrat vertreten. Sie bevorzugen andere Formen.

Wie die Befragung im Rahmen des Zukunftspanels des IW zeigte, besteht beinahe in jedem vierten befragten Unternehmen mit mehr als fünf Mitarbeitern eine Interessenvertretung der Arbeitnehmer, die nicht auf dem Betriebsverfassungsgesetz fußt. In vielen Betrieben übernehmen die Mitarbeiter einzeln oder als Gruppe Verantwortung, besitzen Entscheidungsbefugnisse und bestimmen auf diesem Wege mit über die betrieblichen Geschicke, zum Nutzen von Belegschaft und Unternehmen.

Die gesetzlich geregelte Mitbestimmung könnte daraus lernen, so die Experten des Instituts. Das Betriebsverfassungsgesetz solle um einen Passus ergänzt werden, der festlegt, dass ein Mindestanteil der Belegschaft an der Wahl zum Vertretungsgremium teilgenommen haben muss, damit dieses seine Berechtigung hat. Darüber hinaus verringere die einseitige Finanzierungspflicht des Arbeitgebers das Interesse der Beschäftigten, die Kosten der Mitbestimmung in Grenzen zu halten und günstigere alternative Mitbestimmungsformen zu wählen. Auch hier seien andere Lösungen gefragt.

Weiter Details bietet ein Papier des IW per Download. (IW/ml)

Mitbestimmung: Was sich verbessern lässt

Die von Experten diskutierten Reformvorschläge betreffen vor allem drei Punkte:

Geltungsbereich des Gesetzes

  • Zeitarbeitnehmer sind aus dem Kreis der Betriebsratswähler wieder zu streichen (§7 BetrVG).
  • Mindestwahlbeteiligung bei Betriebsratswahlen.
  • Zustimmungsvorbehalte der Beschäftigten bei tarifvertraglich vereinbarten Mitbestimmungsformen (§3 BetrVG) und bei Betriebsvereinbarungen, die in erheblichem Umfang nichtmitbestimmte Teilbetriebe berühren (§§50 und 58 BetrVG).
  • Grundsätzliche Möglichkeit für die Betriebsparteien, von den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes abzuweichen (§3 BetrVG).

Finanzierung

  • Anhebung und Vereinheitlichung der Schwellenwerte für die Bestimmung der Betriebsratsgröße (§9 BetrVG) und für die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern (§38 BetrVG).
  • Aufhebung des Umlageverbots (§ 41 BetrVG) und Beteiligung der Mitarbeiter an der Finanzierung der direkten Kosten der betrieblichen Mitbestimmung.

Weitere Änderungen

  • Beschleunigung des Einigungsstellenverfahrens: Der Arbeitgeber soll die Möglichkeit erhalten, nach Ablauf einer festgesetzten Frist eine umstrittene Entscheidung vorläufig umsetzen zu können (§76 BetrVG). Dem Betriebsrat bleibt eine nachträgliche gerichtliche Überprüfung vorbehalten.
  • Befreiung der betrieblichen Mitbestimmung von allgemeinen politischen Zielen wie Förderung der Gleichstellung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder des betrieblichen Umweltschutzes (§80 BetrVG).
  • Entfallen sollte der Passus zum Initiativrecht des Betriebsrats in Fragen der Beschäftigungssicherung. Demnach muss eine Geschäftsleitung die Vorschläge des Betriebsrates schriftlich ablehnen (§92a Abs. 2 BetrVG).
  • Entfallen sollte auch der faktische Weiterbildungsanspruch des Betriebsrats (§97 Abs. 2 BetrVG).