Ein Urteil vom 16. Juli in einem Revisionsverfahren (II ZR 3/04) hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zum Anlass genommen, die von ihm selbst im Jahr 2001 mit der Entscheidung „Bremer Vulkan“ (BGHZ 149, 10) eingeführte sogenannte Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters neu zu überdenken. Als Ergebnis der Neubewertung wurde dieses bei einer Reihe von lnsolvenzverfahren wichtige Haftungskonzept in wesentlichen Punkten geändert und auf eine neue Grundlage gestellt.
Von diesem Gesetz betroffene Gesellschafter sollten aus Anlass der Änderung unbedingt ihren Anwalt wegen möglicher Konsequenzen konsultieren. (Bundesgerichtshof/ml)
Kernsätze der Entscheidung
(Erläuterung des Bundesgerichtshofs im Wortlaut)
- An dem Erfordernis einer als „Existenzvernichtungshaftung“ bezeichneten Haftung des Gesellschafters für missbräuchliche, zur Insolvenz der GmbH führende oder diese vertiefende kompensationslose Eingriffe in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen wird festgehalten.
- Der Senat gibt das bisherige Konzept einer eigenständigen Haftungsfigur, die an den Missbrauch der Rechtsform anknüpft und als Durchgriffs(außen)haftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ausgestaltet, aber mit einer Subsidiaritätsklausel im Verhältnis zu den §§ 30, 31 BGB versehen ist, auf. Stattdessen knüpft er die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters an die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens an und ordnet sie – in Gestalt einer schadensersatzrechtlichen Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft – allein in § 826 BGB als eine besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung ein.
- Schadensersatzansprüche aus Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB sind gegenüber Erstattungsansprüchen aus §§ 31, 30 GmbHG nicht subsidiär; vielmehr besteht zwischen ihnen – soweit sie sich überschneiden – Anspruchsgrundlagenkonkurrenz.
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