Die Europäische Kommission hat heute ihre Wirtschaftsbilanz für das Jahr 2007 vorgelegt. Die Bilanz bescheinigt der europäischen Wirtschaft ein beschleunigtes Produktivitätswachstum. Die Mitte der 90er Jahre entstandene Produktivitätslücke zwischen der EU und den USA ist kleiner geworden. Ein Großteil der Produktivitätsbeschleunigung ist allerdings dem Konjunkturaufschwung zu verdanken, den die EU in diesem Zeitraum erlebt hat.
Wenn die Union ihre Produktivität nachhaltig steigern und die Führung in der Weltwirtschaft für sich beanspruchen wolle, müsse sie die Ursachen des langsamen Produktivitätswachstums an der Wurzel packen, mahnt die Kommission.
Auch wenn sich die Beschleunigung des Produktivitätswachstums recht gleichmäßig auf alle Länder und Sektoren verteile, scheint sie im Euroraum doch in erheblichem Maße auf Verbesserungen im Privatsektor Deutschlands zurückzuführen zu sein, loben die Kommissionsexperten. Im Jahr 2006 erhöhte sich das Produktivitätswachstum in der EU auf 1,5% (im Euroraum 1,4%), gegenüber 0,9% in den USA, und auch 2007/8 dürfte Europa im Vergleich besser abschneiden, wenngleich auf etwas niedrigerem Niveau, glaubt man den Zahlen der Kommission.
Ein Großteil des offensichtlichen Produktivitätsfortschritts kann nach derzeitiger Datenlage auf den Konjunkturaufschwung zurückgeführt werden, den die EU im erfassten Zeitraum erlebte. Das Wachstum des Brutto-Inlandsprodukts in der EU erreichte 2006 mit 3,0% (Euroraum: 2,8%) den höchsten Stand seit 2000. Auch in diesem und im nächsten Jahr werde die EU und der Euroraum voraussichtlich ein höheres Wachstumstempo erreichen als die USA, glauben die EU-Ökonomen. Trotz dieser positiven Signale gebe es bislang jedoch kaum Belege für eine strukturelle und somit dauerhafte Belebung des Produktivitätswachstums.
Die Ursachen des strukturellen Gefälles beim Produktivitätswachstum gegenüber den USA liegen vor allem im Groß- und Einzelhandel, in der Finanzdienstleistungsbranche sowie bei den Immobilien- und sonstigen Unternehmensdienstleistungen. Auch in einigen wenigen Industriezweigen, insbesondere Feinmechanik und Optik, verlief der Produktivitätsfortschritt schleppend.
Die geringere Größe des IKT-produzierenden Gewerbes in Europa erkläre ebenfalls einen Teil des Unterschieds. Eine größere Rolle spielten strukturelle Produktivitätsfaktoren, das heißt der weniger effiziente Einsatz von IKT, die langsamere Anpassung der Arbeitsverfahren sowie die unzureichende Förderung von Wettbewerb.
Die Produktivität der EU könnte nach Meinung der EU-Kommission noch beträchtlich gesteigert werden, wenn die im Rahmen der überarbeiteten Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung vereinbarten Politikmaßnahmen umgesetzt würden. Zu diesen Maßnahmen gehören mehr gezielte Investitionen in Forschung und Entwicklung mit marktgerechteren Finanzierungsformen, und ein uneingeschränkt funktionierender Binnenmarkt. Ferner die gezielte Erhöhung des Wettbewerbs in den Sektoren, in denen dies am dringendsten notwendig ist sowie eine qualitative Verbesserung der öffentlichen Finanzen, um Mittel für mehr Investitionen und andere wachstumsfördernde Politikmaßnahmen verfügbar zu machen. (EU-Kommission/ml)