Die EU-Kommission hat Ende November neue Leitlinien für Unternehmensfusionen erlassen. Konkret geht es um die Fusionsprüfung zwischen Unternehmen, die in einer so genannten vertikalen oder konglomeraten Beziehung (Erklärung weiter unten) zueinander stehen. Die Leitlinien sollen Unternehmen als Orientierungshilfe dienen und darüber Aufschluss geben, wie die EU-Kommission die Auswirkungen derartiger Fusionen auf den Wettbewerb prüft. Die Kommission werde entschlossen Fusionen verhindern, die nicht den klaren Vorgaben der Leitlinien entsprechen, drohte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes bei der Vorstellung der Leitlinien.
Die Leitlinien für die „nichthorizontale Fusion“ ergänzen die bestehenden Leitlinien für die horizontale Fusion, die sich mit Zusammenschlüssen von Unternehmen befassen, die Wettbewerber auf den gleichen Märkten sind. Zur nichthorizontalen Fusion zählen vertikale Zusammenschlüsse wie der Aufkauf eines Lieferanten durch einen Kunden (ein Stahlhersteller übernimmt einen Eisenerzlieferanten) und konglomerate Fusionen, die Unternehmen betreffen, deren Tätigkeiten sich ergänzen oder auf andere Weise miteinander verbunden sind (ein Rasierklingenhersteller erwirbt ein Unternehmen, das Rasierschaum herstellt).
Die horizontale Fusion kann zu einem Rückgang an direktem Wettbewerb zwischen den fusionierenden Unternehmen führen. Dagegen ändert sich bei der vertikalen und der konglomeraten Fusion nicht zwangsläufig die Zahl der in einem Markt tätigen Wettbewerber. Bei diesen Fusionen fehlt also die potenzielle Hauptquelle für die wettbewerbswidrigen Wirkungen, die von horizontalen Zusammenschlüssen ausgehen. In der Regel stellen sich Wettbewerbsbedenken bei der vertikalen und der konglomeraten Fusion in geringerem Maße als bei horizontalen Zusammenschlüssen.
Außerdem können die Unternehmen im Falle der vertikalen und der konglomeraten Fusion durch bessere Koordinierung der einzelnen Produktionsstufen ihre Effizienz steigern. Ein konkretes Beispiel: Der Energiesektor ist ein Bereich, in dem vertikale oder konglomerate Effekte problematisch sein können, wie die Entscheidung der EU-Kommission zeigt, die geplante Übernahme von GDP durch EDP und ENI zu verbieten. Die Fusion zwischen dem etablierten Strom- und dem etablierten Gasversorger in Portugal hätte u. a. zu erheblichen Hindernissen für neu in den portugiesischen Strommarkt eintretende Unternehmen führen können, die Gaskraftwerke betreiben.
In den Leitlinien sind auch die Marktanteile und Konzentrationshöhen angegeben, unterhalb deren die Kommission in der Regel keine Wettbewerbsbedenken geltend macht (die sogenannten „Safe Harbours“). Dies soll die Beteiligten in die Lage versetzen, ihre Fusionsvorhaben besser einzuschätzen.
Die (englischsprachigen) geltenden Leitlinien und weitere Dokumente rund um das Thema stehen im Internet zur Verfügung. (EU-Kommission/ml)