Der Handel erwartet, dass der Aufschwung 2008 an Kraft verliert und der Gegenwind rauer wird. Wirtschaftlich gehe es zwar weiter bergauf, aber ohne Schwung, glaubt der Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA). „Der erwartete Wachstumsrückgang sollte der Politik Signal genug sein, den Wachstumsfaktoren mehr Aufmerksamkeit beizumessen. Ein Zurück hinter die Reformagenda 2010 würde das Erreichte gefährden“, warnt Verbandspräsident Anton F. Börner.
Die euphorische Stimmung der Unternehmen, die noch vor einem Jahr dem Großhandelsindikator einen Spitzenwert von 140 Punkten bescherte und dann im Laufe des Jahres 2007 abkühlte, gibt weiter nach und ist um rund sieben Punkte auf 112 Punkte gesunken. Er liegt aber weiterhin über dem langjährigen Durchschnitt von rund 106 Punkten und damit noch knapp über dem Wert zum Start der Großen Koalition.
Die Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage mit 114 Punkten weiterhin positiver als die erwartete Geschäftsentwicklung mit 109 Punkten. Ursache: Immer mehr Unternehmen verzeichnen niedrigere Umsätze. So haben vom Wachstum im Vorjahr ganz überwiegend die exportorientierten Großhandelsunternehmen profitiert, während vor allem die konsumnahen Großhändler weiterhin auf den Aufschwung warten. Bei Investitionen und Beschäftigung gibt es erste Hinweise, dass der Ausbau von Kapazitäten und Beschäftigung im Großhandel zum Erliegen kommt.
Insgesamt geht der BGA für das Jahr 2008 davon aus, dass die Umsätze im Großhandel um nominal rund 3% auf etwa 790 Milliarden Euro nach rund 770 Milliarden Euro im abgelaufenen Jahr 2007 steigen. Die Zahl der Beschäftigten im Großhandel stieg 2007 um rund 7000 und wird im kommenden Jahr mit voraussichtlich 5000 neuen Jobs etwas geringer zunehmen.
Für das Wirtschaftswachstum 2008 erwartet der BGA nur noch einen Anstieg von 1,7%. Wesentliche Ursachen sind die nachlassende Dynamik im Außenhandel und die ausbleibende Belebung des schwachen Binnenkonsums, der auch 2008 nicht so in Fahrt kommt, wie es erforderlich wäre, um das Wachstum von 2007 zu halten.
In steigenden Rohstoff- und Energiekosten sehen die Unternehmen neben den gestiegenen Risiken aus den Geld- und Finanzmärkten und einem weiter schwächelnden US-Dollar ein gravierendes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung in 2008. Über 80% fürchten steigende Einkaufspreise, sie zwingen jedes fünfte Unternehmen zu weiteren Rationalisierungen, jedes dritte sieht sich gezwungen, seine Verkaufspreise anzuheben. Für mehr als jedes vierte geht dies zu Lasten von Umsatz und Ertrag.
Die aktuelle Umfrage zeigt einen eklatanten Gegensatz zwischen der Notwendigkeit und der Erwartung weiterer Reformen: 89% halten weitere grundlegende Reformen für erforderlich, hingegen erwarten 97% der Unternehmen nur noch Detailänderungen. Mehr als drei Viertel der Großhandelsunternehmen halten die Unternehmensteuerreform für korrekturbedürftig. Auch die Reform der Erbschaftsteuer mit der Kombination aus Stundung und komplizierten Fortführungsklauseln stößt beim Mittelstand auf Skepsis. 58% der befragten Unternehmen halten die Ausgestaltung für unzureichend und bürokratisch. 78% der Befragten halten die Verlängerung des Renteneintrittalters auf 67 Jahre für unumgänglich, fast jeder zweite ist sogar der Auffassung, dass weitere Schritte erforderlich sind. Rund ein Viertel der Unternehmen befürchten bei staatlichen Mindestlöhnen zunehmenden Rationalisierungsdruck. (ots/ml)