Zahlreiche Reformen im deutschen Finanzsektor sollten Unternehmen die Finanzierung von Investitionen erleichtern und damit mehr Wachstum bringen. Bisher weitgehend ohne Erfolg, behauptet das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die verstärkte Kapitalmarktorientierung könne sich sogar negativ auf das Investitionsverhalten von Unternehmen auswirken und berge erhebliche gesamtwirtschaftliche Risiken, behaupten die IMK-Forscher. Das zeige vor allem der systematische Vergleich mit den USA.
Seit Beginn der 90er-Jahre bewirkten immer neue Gesetze und Gesetzesänderungen nur eines: die Auflösung der „Deutschland AG“, also der engen Verflechtung von einheimischen Banken, Versicherungen und Industriekonzernen, bemängeln die Ökonomen des IMK. Gesamtwirtschaftlich hätten diese Veränderungen zu einer Stärkung der realen Investitionstätigkeit und zu einer Verbesserung des mittelfristigen Wachstumstrends beitragen müssen. Dies sei jedoch bisher nicht erkennbar, schreiben die Wissenschaftler im neuen IMK Report.
Um herauszufinden, warum die Reformen am Kapitalmarkt nicht mehr Wachstum gebracht haben, vergleichen die Ökonomen die deutsche Investitionsentwicklung mit der in den USA. Dort dominiert schon seit Beginn der 80er Jahre eine verstärkte Finanzmarktorientierung.
In den frühen 60er- bis frühen 80er Jahren entwickelten sich Gewinne und Investitionen in beiden Ländern in etwa im Gleichschritt. Die Aktienkurse stiegen jedoch nur schwach. Seit den frühen 80ern haben sich die Aktienkurse der wichtigsten Unternehmen zu beiden Seiten des Atlantiks mehr als verzehnfacht. Zugleich entwickelten sich die Investitionen in beiden Ländern weitaus weniger dynamisch als die Gewinne. Es scheine somit wenig dafür zu sprechen, dass die Finanzmarktliberalisierung in den USA dort zu einer besseren Investitionsentwicklung geführt hat, schreiben die Autoren. Auch in Deutschland habe sich die Schere zwischen Investitionen und Gewinnen nach Einsetzen der Reformen in den 90ern eher noch weiter auseinander entwickelt.
Die Studie liefert auch Erklärungsversuche für die gegenwärtige Finanzmarktkrise in den USA und Reaktionen in Deutschland sowie Eigenheiten des deutschen Finanzmarkts. Sie ist als IMK Report 26 erschienen und steht kostenlos im Internet per Download bereit. (idw/ml)