Nach dem Willen der Großen Koalition sollen ältere Arbeitslose künftig länger Arbeitslosengeld bekommen, bevor sie auf Hartz IV angewiesen sind. Das geht aus einem Antrag von Unions- und SPD-Fraktion hervor, der während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag von Experten unterschiedlich bewertet wurde.
„Die erneute Verlängerung des Arbeitslosengelds für Ältere ab 50 Jahren auf bis zu 24 Monate belastet die Beitragszahler erneut in Milliardenhöhe“, kritisierte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) die geplante Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch, die die Koalition am kommenden Freitagmorgen im Plenum verabschieden will. Demnach soll die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, stufenweise verlängert werden. Jahrzehntelange Erfahrungen hätten gezeigt, dass überlange Bezüge eine Brücke in die Frührente, aber kein Weg zu mehr Beschäftigung seien, bemängelte die BDA: „Es ist eine trügerische Hilfe, die den Eindruck vermittelt, Arbeitssuchende hätten länger Zeit.“
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) werde der Haushalt der BA in diesem Jahr durch die vorgesehene Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitnehmer mit 755 Millionen Euro mehr belastet. Da die geplanten Neuregelungen laut Gesetzentwurf der Koalition rückwirkend ab 1. Januar gelten sollen, seien bundesweit etwa 400.000 Fälle zu überprüfen, die möglicherweise länger Arbeitslosengeld bekommen könnten.
„Es geht darum, die Chance zu nutzen, Ältere so lange wie möglich im Arbeitsmarkt zu halten“, machte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine Position deutlich. Dennoch müsse ein längerer Arbeitslosenanspruch bereits für über 45-Jährige gelten.
Auf heftige Kritik des DGB und der Linksfraktion stießen die Pläne der Koalition, über 63-jährige Arbeitslose in eine Altersrente mit Abschlägen zu schicken. DGB und Linksfraktion sprachen von einer Zwangsrente. „Diese Zwangsverrentung ist grundgesetzwidrig und widerspricht dem Ziel, die Erwerbsquote der Älteren zu verbessern“, heißt es in entsprechenden Anträgen der Linksfraktion. Bisher konnten die Arbeitsagenturen eine Rente mit Abschlägen bereits für alle Hilfebedürftigen ab 58 Jahren anordnen.
Aber auch die FDP-Fraktion lehnt die vorzeitige Verrentung ab. „Eine Zwangsverrentung benachteiligt Frauen, Menschen mit Behinderung und langjährige Versicherte“, heißt es zur Begründung im Antrag der FDP-Fraktion „Arbeit statt Frühverrentung fördern“. Die Liberalen fordern, dass ab dem Ende des 60. Lebensjahres der Zeitpunkt zum Renteneintritt selbst bestimmt werden kann. Dies sei dann möglich, wenn die Summe der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Alterversorgungsansprüche über dem Grundsicherungsniveau liegen würde. Im Gegenzug müsse die Grenze für Zuverdienst neben dem Rentenbezug ab 60 Jahren aufgehoben werden.
Auf die Rentenkasse hätte das neue Gesetz langfristig keine Auswirkungen, erklärte ein Vertreter der Deutschen Rentenversicherung Bund. Betroffene, die länger Arbeitslosengeld bekommen würden, könnten allerdings profitieren: 30 bis 40 Euro mehr Rente seien im Monat zu erwarten. (Deutscher Bundestag/ml)