Deutschland braucht kein Konjunkturprogramm

Das Münchner ifo-Institut geht in seiner neuen Konjunkturprognose von einer nachlassenden Dynamik der deutschen Wirtschaft aus. Das Institut rechnet für 2008 derzeit mit 1,6% Wachstum und senkt damit die Prognose vom Dezember (1,8%). Einen entgegengesetzten Trend vermuten die Experten für den Arbeitsmarkt. Sie gehen im Vergleich mit Dezember nun von einer geringeren Arbeitslosenquote aus: Die Arbeitslosenzahl werde im laufenden Jahr nur 3,3 Millionen bzw. 7,7% betragen (Prognose im Dezember: 3,5 Millionen, 8,0%).

Das sei durchaus kein Widerspruch, erklärt das Institut: Einerseits habe der milde Winter in der Bauindustrie mehr Stellen gebracht, andererseits hätten sich BIP-Wachstum und Änderung der Beschäftigung seit der Agenda 2010 ohnehin stärker entkoppelt.

Die hohe Inflation zum Jahresende 2007 werde sich nicht fortsetzen, weil sie vor allem auf die Mehrwertsteuererhöhung zurück zu führen war und insofern einen Einmaleffekt widerspiegle. Die Inflationsrate werde im Jahresdurchschnitt 2,3% betragen, sagen die Ökonomen des Instituts voraus. Der private Konsum werde bei steigenden Realeinkommen voraussichtlich um 1,3% zunehmen; im Dezember war das ifo-Institut noch von einem Plus in Höhe von 1,5% ausgegangen. Auch die Exportprognose wurde angesichts der etwas schwächer eingeschätzten Welthandelsdynamik abgesenkt. Hier wird jetzt ein Anstieg um 5,4% erwartet (Dezemberprognose: +5,6%).

Als Grund für die leichten Korrekturen nennt das Institut die jüngste Entwicklung der US-Wirtschaft. Diese befinde sich in einem Abschwung, der auf die Weltkonjunktur ausstrahle. Ob den USA eine Rezession drohe, sei aber noch unklar. Man erwartet, dass sie wegen der Steuersenkung noch knapp an einer Rezession vorbei schlittern.

Für Deutschland bestehe aufgrund der jetzigen Wirtschaftslage noch keine Notwendigkeit für Konjunkturprogramme. Die Politik solle sich aber vorbereiten. Ein wichtiger Grund für den bisherigen deutschen Aufschwung sei in erster Linie die sehr gute Weltkonjunktur, die im Jahr 2007 zum vierten Mal in Folge ein weltwirtschaftliches Wachstum von rund 5% gebracht habe. Die Agenda 2010 habe aber Wesentliches zur Belebung des Arbeitsmarktes beigetragen, denn seit der sozialliberalen Koalition unter Brandt und Schmidt sei dies der erste Aufschwung, bei dem die Sockelarbeitslosigkeit nicht höher lag als im vorangehenden Aufschwung.

Bislang hatte die Arbeitslosigkeit von Aufschwung zu Aufschwung um etwa 800 Tausend Personen zugenommen. Der Erfolg der Agenda beruhe auch darauf, dass 1,25 Millionen Arbeitnehmer ergänzendes Arbeitslosengeld II, also Lohnzuschüsse erhielten. Dadurch seien die impliziten Mindestlöhne des Sozialsystems gesenkt und neue Jobs geschaffen worden, ohne dass die Einkommen der Geringverdiener unter das sozioökonomische Existenzminimum gefallen sind. ifo-Präsident Hans-Werner Sinn warnte bei der Vorstellung der Prognosen davor, nun mit gesetzlichen Mindestlöhnen diese Erfolge wieder in Frage zu stellen, und schlug vor, die Hinzuverdienstgrenzen beim Hartz-IV-System noch weiter auszudehnen.

(ifo/ml)