Nicht nur beschäftigte Ingenieure kosten Unternehmen Geld, fehlende kosten noch erheblich mehr in Zeiten wie diesen. Wie der Verein deutscher Ingenieure (VDI) am Montag, dem ersten Tag der Hannover Messe bekannt gab, konnten im vergangenen Jahr insgesamt rund 70.000 Ingenieurstellen nicht besetzt werden. Damit blieben 45% mehr Stellen unbesetzt als 2006. Der VDI schätzt, dass dieser enorme Fachkräftemangel die deutsche Volkswirtschaft jährlich über 7 Milliarden Euro kosten dürfte. Diese Zahlen ergab eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), für die 2700 Unternehmen befragt wurden.
Am stärksten betroffen vom Mangel sind der Maschinenbau sowie die Ingenieurdienstleister. 75% der befragten Unternehmer und Manager in diesem Bereich stuften die Situation als „schlecht“ bzw. „sehr schlecht“ ein. Ähnlich problematisch ist die Situation in der Elektroindustrie und im Fahrzeugbau.
Erstmalig konnten durch die Studie des IW die tatsächlich offenen Stellen für Ingenieure ermittelt werden. Entgegen der bislang vorsichtig geschätzten Dunkelziffer ergab sich, dass faktisch etwa sieben Mal so viele offene Ingenieurstellen vorliegen, wie der Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeldet wurden. Für Ingenieursstellen liege die Quote der gemeldeten offenen Stellen bestenfalls bei 13%. Der VDI vermutet, dass der BA nicht einmal jede siebte offene Ingenieurstelle gemeldet wird. Das bedeutet, dass aktuell etwa 95.000 Ingenieure in Deutschland von Unternehmen gesucht werden.
Um dem Mangel begegnen zu können, investieren zwei Drittel aller Unternehmen verstärkt in Weiterbildungsmaßnahmen. Auf die Nutzung flexibler Arbeitszeiten greifen über 60% der Befragten zurück. Zusätzlich entwickeln über die Hälfte der Unternehmen Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mehr als 40% der Personalabteilungen setzen außerdem auf die Rekrutierung älterer Mitarbeiter. Das ist nach Meinung des VDI eine der erfolgversprechendsten Maßnahmen, denn auch in Zeiten niedriger Arbeitslosigkeit stünden noch rund 10.000 arbeitslose Ingenieure über 50 Jahre dem Markt zur Verfügung.
Von den befragten Unternehmen am meisten gewünscht wird die Stärkung des technisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts (fast 75% Zustimmung). Verbesserte Bedingungen an technischen Hochschulen wünschen sich über die Hälfte der befragten Firmen. Knapp 45% halten öffentliche Stipendienprogramme für Ingenieurstudierende für sinnvoll. Der Einführung eines Technikrats stehen zwei Drittel der Unternehmen mit hoher bis mittlerer Priorität gegenüber.
(ots/ml)