Die wirtschaftliche Expansion in der Eurozone wird sich nach einer vorübergehenden Belebung zu Beginn des Jahres 2008 abschwächen. Die Verschärfung der Krise auf den Finanzmärkten, die schwächere weltwirtschaftliche Entwicklung sowie die hohe Inflation, die mit dem jüngsten Anstieg der Energie- und Nahrungsmittelpreise verbunden ist, werden zunehmend belastend wirken. Das reale Bruttoinlandsprodukt wird sich im ersten Quartal um 0,5%, im zweiten Quartal um 04% und im dritten Quartal um 0,3% erhöhen. Diese Prognose gab heute Nachmittag das Münchner ifo-Institut im Rahmen des „Euro-Zone Economic Outlook“ bekannt.
Diese gemeinsame europäische Konjunkturprognose „Euro-Zone Economic Outlook“ des ifo-Instituts, des INSEE in Paris und des ISAE in Rom geht im Detail davon aus, dass die Industrieproduktion aufgrund der nachlassenden Nachfrage nach Industriegütern aus dem Ausland nur noch verlangsamt expandieren wird.
Zwar werde sich der Anstieg der Industrieproduktion im ersten Quartal zunächst beschleunigen, dann aber in den folgenden Quartalen verlangsamen. Vor allem die Nachfrage nach Industriegütern aus den USA dürfte sich aufgrund der dortigen konjunkturellen Abkühlung deutlich verringern; gleichwohl sollte die Nachfrage nach Investitionsgütern aus dem ostasiatischen Wirtschaftsraum hoch bleiben. Die Industrieproduktion werde im ersten Quartal um 0,7%, im zweiten Quartal um 0,5% und im dritten Quartal um 0,3% steigen.
Auch der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wird nachlassen. Das BIP in der Eurozone nahm im vierten Quartal 2007 um 0,4% zu, nachdem es sich im dritten Quartal noch um 0,7% erhöhte. Die Aussichten für die wirtschaftliche Expansion haben sich infolge der Verschärfung der Krise auf den Finanzmärkten, der drohenden Rezession in den USA sowie der hohen Inflation und der rasanten Aufwertung des Euros zunehmend verschlechtert.
Insgesamt wird das reale BIP in der Eurozone im ersten Quartal um 0,5% zunehmen, ehe es sich im zweiten Quartal um 0,4% und im dritten Quartal um 0,3% erhöht. Die Expansion der Binnennachfrage wird an Schwung verlieren; der Wachstumsbeitrag des Außenhandels wird auch infolge der negativen Effekte der rasanten Aufwertung des Euros spürbar geringer ausfallen.
Der Konsum der privaten Haushalte wird sich in den folgenden Quartalen, nach seinem Einbruch Ende 2007 (-0,1%), nur mäßig erhöhen. Zwar wird er durch die weiterhin günstige Lage am Arbeitsmarkt stimuliert; die stark gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreise wirken jedoch spürbar bremsend. Die Ergebnisse der Umfragen zum Verbrauchervertrauen fielen jüngst zunehmend pessimistischer aus. Der Konsum wird im ersten und zweiten Quartal um jeweils 0,4% und im dritten Quartal um 0,3% steigen.
Die Investitionen werden in den folgenden Quartalen robust, aber verlangsamt expandieren. Zwar fiel der Anstieg der Produktion von Investitionsgütern zuletzt kräftig aus, jedoch mehren sich die Anzeichen, dass der Höhepunkt des Investitionszyklus allmählich überschritten zu sein scheint. Zudem dürften sich die Bauinvestitionen in einigen Ländern der Region – bspw. in Spanien oder Irland – nach den einsetzenden Korrekturen an den Immobilienmärkten deutlich schwächer entwickeln. Auch die Finanzierungsbedingungen dürften sich im Zuge der Verwerfungen auf den Finanzmärkten weiter verschlechtern. Die Investitionen werden im ersten Quartal um 0,7%, im zweiten Quartal um 0,5% und im dritten Quartal um 0,4% steigen.
Die Inflationsrate in der Eurozone beschleunigte sich von 2,9% im vierten Quartal 2007 auf durchschnittlich 3,3% im ersten Quartal 2008. Dieser Anstieg spiegelt die massive weltweite Verteuerung der Rohstoffe und deren direkten Einfluss auf die Energie- und Nahrungsmittelkomponenten des HVPI wider.
Unter der Annahme, dass sich im Prognosezeitraum der Ölpreis zwischen 97 US-Dollar und 100 US-Dollar pro Barrel stabilisiert und der Wechselkurs des Euros zum US-Dollar um 1,50 bewegt, sollte die Inflationsrate im ersten Quartal ihren Hochpunkt erreicht haben und dann langsam auf 3,2% und 3,1% in den darauf folgenden Quartalen zurückgehen. Diese leichte Entspannung dürfte vor allem auf die angenommene Entwicklung der Ölpreise und dem damit einhergehenden inflationsdämpfenden Basiseffekt, der sich aufgrund stark steigender Rohölpreise Mitte 2007 ergibt, zurückzuführen sein. Eine weitere Verteuerung der Nahrungsmittel dürfte dieser Entwicklung allerdings entgegen wirken. Die Kerninflationsrate wird sich im Prognosezeitraum bei etwa 1,8% stabilisieren, da keine signifikanten Zweitrundeneffekte erwartet werden und sich die Überwälzung vergangener Energie- und Nahrungsmittelpreisanstiege auf die übrigen Komponenten des HVPI nur sehr langsam vollzieht. (ifo/ml)