Auch wenn die deutsche Wirtschaft sich als robust erwies und die Entwicklung in naher Zukunft Anlass zu vorsichtigem Optimismus gibt, verlaufe die Entwicklung in den Handwerksbranchen sehr unterschiedlich. Zu dieser Einschätzung kommen die Experten des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) in ihrem Konjunkturbericht zum Frühjahr. Sorgenkind bleibe die Binnenkonjunktur. Das Problem sei die Zurückhaltung der Verbraucher. „Ohne mehr netto vom Brutto wird der Beitrag des Binnenmarktes zum Wachstum ausbleiben“, warnt ZDH-Generalsekretär Hanns-Eberhard Schleyer.
Für das Gesamtjahr 2008 erwartet der ZDH ein Wachstum von 1,0%. Real bedeute das aber wieder ein leichtes Minus, relativiert Schleyer diesen Zuwachs. Bei der Beschäftigung gehe der Handwerkerverband davon aus, dass der im Vorjahr erstmals seit Jahren wieder gestiegene Personalbestand bei rund 4,8 Millionen gehalten werden könne.
Schleyer sieht den Mittelstand in Deutschland zunehmend verunsichert. Trotz steigender Bruttoeinkommen sinke für viele die Kaufkraft. Diesen Menschen bleibe immer weniger Geld übrig, um die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise auszugleichen und die notwendige private Vorsorge zu treffen. Daher bedürfe es endlich gezielter Schritte für mehr Netto vom Bruttolohn. Für das Handwerk sei das von entscheidender Bedeutung, zumal wenn die weltwirtschaftlichen Probleme zunehmen sollten.
Schleyer wies in der Pressekonferenz zur Vorstellung des Berichts ausrücklich darauf hin, dass die Details der aktuellen Konjunkturumfrage des ZDH, an der sich rund 25.200 Handwerksbetriebe beteiligt haben, einen recht unterschiedlichen Verlauf der Entwicklung in den einzelnen Branchen zeige. Nach den Jahren der Rezession am Binnenmarkt, nach der schwierigen Neustrukturierung wichtiger Handwerksbereiche und dem Verlust von mehr als 1,5 Millionen Arbeitsplätzen zeige sich aber, dass das Handwerk 2008 erneut zur Stabilisierung der Beschäftigung in Deutschland beitrage. Das werde sich auch in den Ausbildungszahlen bemerkbar machen. Die ersten Trendzahlen für April seien bereits ein Beleg dafür, dass das Lehrstellenangebot deutlich gewachsen ist.
Die industrienahen Zulieferer und Dienstleister arbeiten laut Konjunkturumfrage auf Hochtouren. Die krisenhafte Entwicklung auf den internationalen Finanzmärkten und die Abschwächung der Weltwirtschaft machen sich noch nicht bemerkbar. In diesen Branchen – beispielsweise Feinwerkmechanik oder Elektromaschinenbau – sind Auslastung und Auftragsreichweiten laut Experten weiter gestiegen. Auch die Beschäftigung wird weiter aufgebaut. Es werden weiter Mitarbeiter gesucht, doch der Markt für Fachkräfte ist weitgehend leer gefegt. Selbst zusätzliche Lehrlinge, die den erforderlichen Ansprüchen genügen, finden diese Betriebe kaum mehr.
Im Baubereich stelle sich die Entwicklung im 1. Quartal laut Schleyer allerdings nicht so positiv dar wie zu Jahresbeginn 2007. Nur Betriebe, die für die Öffentliche Hand oder gewerbliche Auftraggeber bauen, hätten eine stabile Auftragslage und stellten oft auch neue Mitarbeiter ein. Die Situation beim privaten Wohnungsneubau sei dagegen dramatisch. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Genehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser um 35%. Einzelne Branchen werden davon sehr hart getroffen, die Zimmerer etwa beklagen, dass die Hälfte der Betriebe nur noch zu weniger als 50% ausgelastet ist. Ein Beschäftigungsabbau sei also unvermeidlich.
Das Ausbaugewerbe kann sich laut Konjunkturbericht von dieser Entwicklung weiterhin abgrenzen. Es profitiert nach wie vor von den Maßnahmen im Bestand, etwa im Rahmen der energetischen Gebäudesanierung. Auftragsverluste durch die geringen Neubauaktivitäten seien aber auch hier spürbar.
Insgesamt gilt nach Aussage des ZDH-Generalsekretärs: Konsumnahe Handwerke leiden unter der Zurückhaltung der Verbraucher. Hier bewahrheite sich die wiederholt geäußerte Skepsis gegenüber der Zuversicht der Forschungsinstitute, dass der private Konsum 2008 zum Wachstumsmotor werde.
Der komplette Konjunkturbericht steht als kostenloser Download zur Verfügung. (ZDH/ml)