In der öffentlichen Anhörung des Wirtschaftsausschusses am Montag zur Novellierung des Schornsteinfegergesetzes stießen die Fronten hart aufeinander. Michael von Bock und Polach vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZSHK) unterstellte sogar, die Schornsteinfeger könnten die Novelle dazu nutzen, in „andere Gewerke einzubrechen“. Die meisten Sachverständigen hingegen werteten den Entwurf positiv.
Gegenstand der Anhörung war der Regierungsentwurf zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens (wir berichteten darüber). Der Gesetzentwurf geht auf Vorgaben der EU-Kommission zurück, die wegen des bisherigen Schornsteinfegergesetzes ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eröffnet hatte. Beanstandet hatte Brüssel vor allem, dass die Ausübung des Handwerks auf nur einen Schornsteinfegermeister pro Bezirk beschränkt ist und dieser außerhalb seines Kehrbezirks nicht tätig werden darf. Künftig sollen nun alle Schornsteinfegerarbeiten, die keine Kontrollen beinhalten, im Wettbewerb angeboten werden.
Der Gesetzentwurf legt Übergangsfristen fest, wonach bereits bestellte Bezirksschornsteinfeger bis Ende 2014 in ihrem Bezirk bleiben können, ohne an einer Neuausschreibung teilnehmen zu müssen. Bezirke, die ab 2010 frei werden, sollen bereits nach neuem Recht ausgeschrieben und für sieben Jahre vergeben werden.
ZSHK-Vertreter von Bock und Polach nannte diese Übergangsfristen verfassungswidrig. Damit werde die bisherige strikte Trennung von hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Aufgaben der Schornsteinfeger ohne Not aufgegeben. Die Übergangsfristen wären so gewählt, dass die Schornsteinfeger unter dem staatlichen Schutz ein privatwirtschaftliches neues Standbein aufbauen können. Dies gehe über die Forderungen der EU hinaus. Er erwarte „faire Entwicklungen“, damit nicht „der eine sich selbst kontrolliert und der andere dies nicht darf“.
Der Kölner Rechtsanwalt Arthur Waldenberger meinte, bei der alten Regelung habe sich die Europarechtswidrigkeit geradezu aufgedrängt. Die Pflicht, im Kehrbezirk ansässig zu sein, hätte EU-Ausländer abgehalten, Schornsteinfegerdienste in Deutschland anbieten zu können. Der vorliegende Gesetzentwurf sei klar und gut austariert.
Frank Weber vom Zentralverband Deutscher Schornsteinfeger sagte im Blick auf die Kritik des Heizungs- und Sanitärhandwerks, die Übergangsfristen bedeuteten keinen Ausschluss des Wettbewerbs. Jedes andere Handwerk könne bei entsprechender Qualifikation Schornsteinfegerdienste anbieten und sich um Kehrbezirke bewerben. Wenn Schornsteinfeger künftig im Sanitär- und Heizungsbereich tätig sein wollten, müssten sie die dortige Meisterprüfung ablegen, um Leistungen anbieten zu können.
Weber weiter: Es werde auch nicht so kommen, dass nun alle Kunden ihren Schornsteinfeger wechseln. Der Kunde habe lediglich die Möglichkeit, einen anderen Anbieter zu wählen, so er 100 Euro für die Anfahrt zahlen wolle. Dass es zu einem Zusammenwachsen des Schornsteinfeger- und Heizungs- und Sanitärhandwerks kommen wird, hielt Weber für unwahrscheinlich.
Hans-Günther Beyerstedt vom Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks sieht Probleme, wenn zusätzlich zu hoheitlichen Tätigkeiten weitere Arbeiten zugelassen werden sollten. „Wer wartet, darf nicht prüfen und umgekehrt“, so Beyerstedt. Die Existenz der Schornsteinfegerbetriebe müsse gewährleistet werden.
Aus Sicht von Ottmar Wernicke vom Verein „Haus und Grund Württemberg“ ist der Gesetzentwurf“verunglückt, weil er ein tradiertes Modell zementiere. Wernicke rechnet wie Stefanie Grether vom Verbraucherzentrale Bundesverband mit deutlichen Preissteigerungen.
(Deutscher Bundestag/ml)