Oft nur Lippenbekenntnis zur Vertrauensbildung

Deutsche Unternehmen messen dem Vertrauen eine hohe Bedeutung als Wirtschaftsfaktor zu, das ergab eine Studie des Meinungsforschungsinstuts TNS Emnid. Alle befragten Unternehmen schätzen Vertrauen als sehr wichtig oder wichtig für den Unternehmenserfolg und die Reputation ein. 66% glauben außerdem, dass die  Diskussion um mehr Transparenz zu nachhaltigen Veränderungen in den Unternehmen führen wird.

Die sehr hohe Bedeutung, die Vertrauen beigemessen wird, spiegelt sich jedoch nur bei einer Minderheit der befragten Unternehmen in konkreten Programmen oder Stellen für Vertrauenspflege wider. Eine Mehrheit von 73% der Befragten gab an, keine konkreten Pläne für diese Aufgabenstellung zu besitzen. Auch der Glaube an die Wirksamkeit eines unternehmensinternen Ombudsmannes ist gering: Nur 15% stehen dieser Maßnahme positiv gegenüber.

Konkret gefragt nach der Wichtigkeit verschiedener, denkbarer vertrauensbildender Unternehmensaktivitäten, fallen die Antworten recht differenziert aus: So hält immerhin knapp die Hälfte der Befragten eine Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer für eine weniger wichtige, vertrauensbildende Maßnahme. Der Vereinbarkeit von Beruf und Familie misst hingegen eine große Mehrheit der Befragten zentrale Bedeutung für die Vertrauensbildung in ihr Unternehmen bei. Ebenfalls eine herausgehobene Position in der Reihe der abgefragten Maßnahmen nehmen Investitionen in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter ein: Nahezu alle Befragten (93%) halten dies für eine entscheidende vertrauensbildende Maßnahme.

Gesellschaftliches Engagement wird von den befragten Unternehmen differenziert betrachtet: So bewerten 32% die Verbindung der Gewinnerzielungsabsichten von Unternehmen mit einem Engagement für die Gesellschaft als sehr wichtig. Immerhin 23% der Befragten werten diesen Aspekt aber als weniger wichtig. Bei der Einschätzung werden auch Branchenunterschiede deutlich: Im Handel halten 57% der Befragten gesellschaftliches Engagement für eine sehr wichtige vertrauensbildende Maßnahme, während Dienstleister (26%) und Industrie (29%) dem Thema eine wesentlich geringere Bedeutung beimessen.

Die Idee, die in Deutschland erwirtschafteten Gewinne auch wieder im eigenen Land zu reinvestieren, hält knapp ein Drittel der Unternehmen für nachrangig für die Vertrauensbildung. Insbesondere Unternehmen mit weniger als 1000 Mitarbeitern stehen dieser Maßnahme offenbar kritisch gegenüber und bewerten sie seltener positiv (19%) als große Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern (36%).

Deutscher Corporate Governance Kodex und Compliance Management stoßen auf geteiltes Echo. Eine knappe Mehrheit der Befragten (53%) ist davon überzeugt, dass der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) sich günstig auf das das Vertrauen in Unternehmen auswirkt. 48% sind demgegenüber der Meinung, der DCGK habe nur geringe oder keine Auswirkung auf das Vertrauen in die Wirtschaft.

Eine Stelle für das Vertrauensmanagement – in Form von Ombudsleuten oder Compliance Managern – wird zwar vorrangig im höheren Management angesiedelt, jedoch nicht flächendeckend umgesetzt. So hält rund ein Drittel der Befragten die Position des Compliance Managers für unnötig. Ombudsleute existieren nur in 17% der befragten Unternehmen.

Die Studie zeigt im Ergebnis auch, dass nach wie vor ein Zusammenhang zwischen der Größe von Unternehmen und der Intensität von vertrauenssichernden Maßnahmen besteht. Je größer das Unternehmen, umso mehr wird auch in Vertrauenssicherung und -ausbau investiert. Strategien, Programme und Stellen zum Aufbau und der Pflege von Vertrauen findet man noch immer vor allem in größeren Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz.

Für die Studie befragte TNS Emnid im Auftrag der BDO Deutsche Warentreuhand von Ende April bis Mai stichprobenartig Mitarbeiter in börsennotierten und mittelständischen Unternehmen, die in diesen Unternehmen für Compliance verantwortliche waren. Die Studienergebnisse stehen im Internet als Download zur Verfügung.

(ots/ml)