Preissteigerungen – vor allem bei Nahrungsmitteln und Energie – und die Finanzkrise bleiben die ökonomischen Aufreger auch in naher Zukunft. Zwar haben die Volkswirtschaften Kontinentaleuropas bislang die Finanzkrise ohne nennenswerte Schäden überstanden, dennoch schlägt sich die Krise in den Stimmungsindizes merklich nieder, wie die Studie Global Economic Outlook des Consultingunternehmens Deloitte zeigt. Auch China und Indien haben mit Dämpfungseffekten zu kämpfen.
„Obwohl sich europäische Unternehmen in der Finanzkrise als recht robust erwiesen haben, sind deren Auswirkungen – nicht zuletzt nach Anhebung des Leitzinses – zu spüren, warnt Dr. Elisabeth Denison, Leiterin Research von Deloitte Deutschland. Zu befürchten sei, dass sich trotz einer erhofften Abschwächung der Preissteigerungen nachgelagerte Effekte einstellen wie Lohnsteigerungen nach langer Lohnzurückhaltung. Doch wenn die Unternehmen durch den harten Euro und die hohen Energiepreise unter Druck geraten, werden sie diese Kosten an die Verbraucher weitergeben und damit die Inflation beschleunigen. Das könnte die Investitionstätigkeit in ganz Europa bremsen.
Beruhigende Aussichten trotz nachlassendem Wachstum sind laut Studie für Europa angesagt. Zwar erreichen vor allem deren Kernländer Deutschland, Frankreich und Italien nur unterdurchschnittliche Wachstumsraten. Allerdings profitieren sie noch von der Nachfrage der neuen EU-Mitglieder und Asien, die auch die schwache US-Nachfrage bislang kompensierte. Insgesamt sind die mittelfristigen Aussichten nach Expertenmeinung für die EU nicht schlecht: Der Export, der vom harten Euro wenig beeinträchtigt wurde, bleibe die starke Stütze der Wirtschaft. Ein Problem sei allerdings auch in Zukunft die Binnennachfrage: Deshalb gelte es, die Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung kontinuierlich durch entsprechende Strukturreformen zu bekämpfen.
Asien konnte sich teilweise von der aktuellen Entwicklung abkoppeln. Internationale Wirtschaftsexperten attestieren den asiatischen Volkswirtschaften eine weitgehende Unabhängigkeit von der US-Wirtschaft – asiatische Wirtschaftspolitiker sehen dies allerdings anders. So habe der schwache Dollar bis zum Frühjahr in Indien etwa zwei Millionen Jobs in der Textilindustrie gekostet und chinesische Exporteure leiden unter einem erstarkenden Yuan. Asien sei zwar nicht völlig immun gegen die Krise, müsse jedoch geringere Auswirkungen befürchten als andere, behaupten die Ökonomen.
Weltweit gehören steigende Preise zu den größten Problemen der Volkswirtschaften und Wirtschaftszonen. Die Gründe sind vielfältig: Sie reichen von enormer Geldverfügbarkeit über währungspolitische Motive und überhitzte Konjunktur bis hin zu langfristigen Veränderungen der Weltwirtschaft – wie den steigenden Wohlstand neuer Märkte und die Verknappung billiger Arbeitskräfte. Um die Inflation nachhaltig zu bekämpfen, werde der Einsatz konjunkturdämpfender Mittel nicht zu umgehen sein, mahnen die Experten.
Die Grundnahrungsmittelnachfrage von Verbrauchern und Industrie wächst enorm. Demgegenüber stehen weltweit weniger Anbaufläche, Naturkatastrophen sowie steigende Ölpreise. Zahlreiche Länder haben sich zu Preisdeckelungen und Exportverbot entschlossen, was kurzfristig wirkt, langfristig aber die Märkte verzerrt und Anreize für eine erhöhte Produktion verhindert. Auch die Subventionen für die Landwirte der Industrieländer tragen zur Marktverzerrung und damit indirekt zur Fortsetzung der Krise bei. Insgesamt ist mit einer langfristigen Hochpreisigkeit von Nahrungsmitteln zu rechnen.
Steigende Preise machen sich auch in den Neuen Märkten bemerkbar. In Indien beträgt die Inflation über 11%. Weitere Faktoren wie die schwache Infrastruktur sorgen dafür, dass das indische Wachstum gebremst wird. Zudem hat die Royal Bank of India kürzlich den Zinssatz erhöht. „Mittelfristig wird die indische Wirtschaft in moderatem Tempo weiter wachsen“, glaubt Dr. Elisabeth Denison. In China sind die Aussichten eher mäßig. Hier zeige sich das Phänomen, dass Nahrungsmittel trotz festgelegter Energiepreise teurer werden – auf dem Land mehr als in der Stadt. Eines der zentralen Probleme Chinas sei die sich verteuernde Arbeit zusammen mit einem Fachkräftemangel. „Der Schlüssel zur effektiven Problemlösung liegt in China jedoch vor allem bei der Währungspolitik“, so das Resümee von Dr. Denison.
Der komplette Bericht steht im Internet kostenlos zum Herunterladen bereit. (ots/ml)