Der für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gestern zwei Urteile gefällt (17. Juli 2008 – I ZR 75/06 und I ZR 197/05) , die das Recht, ohne Zustimmung des Empfängers Werbung per E-Mails und Telefaxe an Firmen zu versenden entsprechend der Regelung für ungefragte Zusendungen an Privatpersonen einschränken.
Die BGH-Richter befanden, dass auch für Werbung und Angebote von Dienstleistungen und Waren per E-Mails und -Telefaxe an gewerbliche Adressaten eine vorherige Einwilligung des Adressaten vorliegen muss, es sei denn, dieser habe für derartige Zwecke vorgesehene E-Mail-Adressen und Telefaxnummern öffentlich zugänglich gemacht.
Anlass waren zwei aktuelle Fälle: Im ersten Fall hatte ein Fahrzeughändler per Telefax bei einer Toyota-Vertretung sein Interesse zum sofortigen Ankauf von drei bestimmten Toyota-Modellen – neu oder gebraucht – bekundet. Im zweiten Fall hatte der Anbieter eines Online-Fußballspiels per E-Mail bei einem kleineren Fußballverein angefragt, ob er auf der Website des Vereins ein Werbebanner für sein Produkt gegen Umsatzprovision platzieren dürfe.
Die beiden Kläger, die Toyota-Vertretung und der Fußballverein, bezogen sich auf § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Danach ist eine Werbung unter Verwendung von Faxgeräten oder E-Mail als unzumutbare Belästigung verboten, wenn keine Einwilligung des Adressaten vorliegt. Das Gesetz differenziert nach Meinung des BGH hierbei nicht zwischen privatem und gewerblichem Empfänger.
Der Bundesgerichtshof hat deshalb entschieden, dass auch gewerbliche Anfragen nach Waren oder Dienstleistungen „Werbung“ im Sinne dieser Vorschrift sind. Für das Schutzbedürfnis des Inhabers eines Telefax- oder E-Mail-Anschlusses sei es unerheblich, ob er unaufgefordert Kaufangebote für Waren oder Dienstleistungen erhält oder ihm Anfragen zugehen, in denen etwa Immobilien oder Antiquitäten nachgefragt werden. Der Bezug von Waren und Dienstleistungen, die ein Unternehmen für seine Geschäftstätigkeit auf dem Markt benötige, diene zudem mittelbar der Förderung seines Absatzes.
Als Folge dieser Annahme kam es nur noch auf die Frage an, ob die Adressaten in den beiden Fällen sich damit einverstanden erklärt hatten, dass ihnen über das Telefaxgerät oder per E-Mail Angebote zugehen. Der Bundesgerichtshof ist im Fall der Toyota-Vertretung davon ausgegangen, diese habe mit der Veröffentlichung der Nummer des Telefaxanschlusses in allgemein zugänglichen Verzeichnissen ihr Einverständnis erklärt, dass Kunden den Anschluss für Kaufanfragen nutzten, die sich auf die übliche Verkaufstätigkeit des Unternehmens bezögen. Sofern sich nicht im Einzelfall etwas anderes aus den Umständen ergebe, erstrecke sich dieses Einverständnis auch auf Anfragen gewerblicher Nachfrager. Entsprechendes gelte, wenn ein Unternehmen seine E-Mail-Adresse – etwa auf seiner Homepage – veröffentliche. Die Faxnummer und die E-Mail-Adresse eines Unternehmens seien gerade dazu bestimmt, Anfragen hinsichtlich des Waren- oder Leistungsangebots entgegenzunehmen. Entsprechend sei die Anfrage des Fahrzeughändlers an die Toyota-Vertretung nicht wettbewerbswidrig, sondern rechtlich zulässig gewesen.
Die Anfrage des Anbieters eines Online-Fußballspiels an den Fußballverein sahen die Richter jedoch anders. Das sei eine belästigende Werbemaßnahme, urteilten sie. Weder gehöre das Angebot von Bannerwerbung gegen Entgelt auf der eigenen Homepage zum typischen Vereinszweck eines Fußballvereins, noch sei die von einem Fußballverein auf seiner Homepage zur Kontaktaufnahme angegebene E-Mail-Adresse für derartige Anfragen bestimmt.
Die beiden Urteile können nach Veröffentlichung im Internet (I ZR 197/05 bzw. I ZR 75/06) im Wortlaut nachgelesen werden.
(BGH/ml)
Urteile zu den beiden beschriebenen Fällen:
Fahrzeughändler Royal Cars gegen Toyota
Online-Fußballspiel-Anbieter gegen Fußballverein FC Troschenreuth
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