Die Wirtschaftsexperten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen prognostizieren für 2008 ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,7%. Das Institut senkt damit seine Prognose vom Juni um 0,5 Prozentpunkte. Die konjunkturelle Schwächephase werde voraussichtlich auch in der zweiten Jahreshälfte anhalten, glauben die Essener Ökonomen. Für 2009 erwarten sie nur noch ein BIP-Wachstum von 0,7%. Zudem rechnet das Institut für den Prognosezeitraum zwar mit sinkenden Inflationsraten gegenüber dem Höchststand im Juli 2008, aber auch mit einem schwächeren Arbeitsmarkt.
Weltweit soll die schwache Expansion in der zweiten Jahreshälfte andauern. Ein genereller Einbruch der Weltwirtschaft ist nach Einschätzung des RWI jedoch nicht zu erwarten, auch wenn die Risiken aufgrund der jüngsten Entwicklungen an den Finanzmärkten zugenommen haben. Statt für ein Konjunkturprogramm plädiert das Institut angesichts der Lage für eine deutsche Wirtschaftspolitik, die die Wachstumskräfte stärkt.
Die Konjunktur in Deutschland habe sich im Verlauf des Jahres 2008 spürbar abgeschwächt, Industrie- und Bauproduktion seien seit Januar tendenziell gesunken. Deshalb erwartet das RWI Essen für die zweite Jahreshälfte, dass die Schwächephase anhalten und die Produktion rückläufig sein wird. Allerdings soll kein allzu tiefer Einbruch drohen, da der Auftragsbestand immer noch hoch und der Arbeitsmarkt in einer robusten Verfassung sei.
Vor diesem Hintergrund prognostiziert das RWI Essen für das Jahr 2008 ein Wachstum des realen BIP von 1,7%. Es und senkt damit seine Wachstumsprognose um 0,5 Prozentpunkte. Dass die Senkung nicht kräftiger ausfällt, sei ausschließlich dem hohen Überhang und der außerordentlich kräftigen Expansion im ersten Quartal zu verdanken, mahnen die Ökonomen.
Für das zweite Halbjahr erwartet das Institut ein rückläufiges BIP. Die privaten Konsumausgaben dürften leicht, die Ausrüstungsinvestitionen spürbar sinken. Im kommenden Jahr werde die Expansion zwar wieder Fahrt aufnehmen, im Jahresdurchschnitt werde das BIP aber nur um 0,7% zunehmen. Damit senkt das RWI seine Prognose auch für 2009 gegenüber dem Juni dieses Jahres um 0,8 Prozentpunkte.
Aufgrund der sich allmählich bessernden weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der zunehmenden preislichen Wettbewerbsfähigkeit werde die Belebung voraussichtlich von den Exporten ausgehen. Die nachlassende Teuerung – nach 3,0% in diesem Jahr rechnet das Essener Institut für das nächste Jahr mit 2,3% – werde für leicht steigende private Konsumausgaben sorgen. Dank steigender Kapazitätsauslastung werde auch der Rückgang bei den Ausrüstungsinvestitionen allmählich überwunden werden.
Die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt werde sich aufgrund der schwächeren Konjunktur voraussichtlich verschlechtern. Das RWI Essen geht davon aus, dass die Beschäftigung ab der Jahreswende ab- und die Arbeitslosigkeit zunimmt. Aufgrund des niedrigen Ausgangsniveaus am Jahresanfang wird die Arbeitslosenquote nach Meinung der Ökonomen im Durchschnitt des nächsten Jahres mit 7,4% sogar leicht unter der dieses Jahres (7,5%) liegen. Die schwächere Konjunktur ist nach Einschätzung des RWI Essen vor allem auf das eingetrübte weltwirtschaftliche Umfeld zurückzuführen.
Die internationale Konjunktur habe sich in der ersten Jahreshälfte 2008 weiter abgekühlt. Offenbar machen sich die Finanzmarktturbulenzen, der Verfall der Immobilienpreise in den USA und anderen Ländern sowie der Anstieg der Energie-, Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise mehr und mehr bemerkbar. Das Weltsozialprodukt dürfte laut RWI im zweiten Quartal um nur noch 3,8% zugenommen haben. Das wäre dann der geringste Anstieg seit 2003.
Der Rückgang der Frühindikatoren deute darauf hin, dass die Phase weltweit schwacher Expansion in der zweiten Jahreshälfte anhalten wird. Allerdings rechnet das RWI Essen auch hier mit keinem generellen Einbruch. Dagegen sprächen neben der vielerorts expansiven Geld- und Finanzpolitik, dass sich in den USA keine Kontraktion abzeichnet und die Wirtschaft in den Schwellenländern zwar langsamer wachse, aber voraussichtlich nicht in eine Rezession gerate. Allerdings verstärke sich vielerorts der binnenwirtschaftliche Preisauftrieb. Damit bleibe die Teuerung vorerst hoch.
Vor diesem Hintergrund erwartet das RWI Essen, dass die gesamtwirtschaftliche Produktion weltweit vorerst nur verhalten, im nächsten Jahr aber wieder stärker ausgeweitet wird. Für die USA geht es davon aus, dass der Rückgang der Wohnungsbauinvestitionen auslaufen wird und die übrigen Investitionen wieder stärker ausgeweitet werden. Das BIP der USA werde in diesem Jahr um 1,9% und im nächsten Jahr um 1,7% zunehmen. Im Euro-Raum könnten 2009 wieder Impulse von der Außenwirtschaft kommen, da der Euro inzwischen gegenüber dem US-Dollar deutlich abgewertet wurde. Auch werden die Realeinkommen bei rückläufiger Inflation voraussichtlich wieder steigen. Die Wirtschaft der Eurozone dürfte nach Meinung des RWI in diesem Jahr um 1,3% und im nächsten Jahr um 0,9% wachsen.
(idw/ml)