Google ist die moderne Version der amerikanischen Tellerwäscher-Story. Das Verblüffende daran: Solche Märchen werden in den USA immer wieder mal wahr. Genau zehn Jahre wurde das Internetunternehmen gestern alt. Zehn Jahre, in denen sich das Hobbyprojekt der beiden Stanford-Studenten Larry Page und Sergej Brin zum Multi-Milliarden-Konzern mit fast 20.000 Mitarbeitern mausern konnte. Mit dieser Entwicklung dürften auch die Beiden kaum ernsthaft gerechnet haben, als sie am 7. September 1998 ihre Firma Google Inc. gründeten.
Allein in Deutschland werden derzeit vier von fünf Suchanfragen (79,8%) über Google gestellt, hat das Marktforschungsunternehmen ComScore für den Branchenverband BITKOM ermittelt. Weltweit betrachtet steht Google mit einem Anteil von 60,4% ebenfalls auf dem ersten Platz, gefolgt von Yahoo (10,8%). An Marktanteilen gewonnen hat in den vergangenen Monaten insbesondere die chinesische Suchmaschine Baidu, die mit einem Anteil von 9,2% weltweit auf dem dritten Platz rangiert.
Mittlerweile umfasst das Produkt-Portfolio von Google zahlreiche Projekte wie den Bilderdienst Picasa, Google Mail, Google Maps oder den Web-Browser Chrome, den Google in diesen Tagen vorgestellt hat. „Die Kombination aus exzellenter Forschung und ausreichender Finanzierung war die optimale Keimzelle für Google“, begründet BITKOM-Präsident Prof. August-Wilhelm Scheer die Erfolgsstory.
An der Elite-Universität Stanford haben Page und Brin an ihrer Idee gefeilt und im Rahmen des Studiums die Grundsteine für ihre Suchmaschine gelegt. Mit der Anschubfinanzierung von mehr als 1 Million Dollar stand schließlich 1998 genug Geld bereit, die Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Scheer: „Von solchen Bedingungen können Studenten hierzulande nur träumen.“ Wie eine aktuelle Studie des BITKOM ergab, fehlten bei zwei von drei gescheiterten Gründungsplänen in Deutschland (64%) Kapitalgeber für das Start-up.
„In Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten allein SAP eine in etwa vergleichbare Erfolgsgeschichte geschrieben“, kritisiert Scheer. Der Aufstieg von SAP in den Dax, den Index der 30 größten börsennotierten Unternehmen, liege allerdings auch schon 13 Jahre zurück. Der BITKOM fordert vor diesem Hintergrund, die Rahmenbedingungen für privates Beteiligungskapital zu verbessern. Vor allem steuerliche Anreize sind Scheer zufolge nötig, um Investitionen in Start-ups attraktiver zu machen. So können Verluste bisher nur sehr begrenzt bei der Steuer geltend gemacht werden.
Der Google-Erfolg sei aber nicht zuletzt auch ein Resultat der amerikanischen Einwanderungspolitik, mahnt Scheer. Ebenso wie Yahoo von Einwanderern gegründet wurde, sei der Erfolg von Google zumindest zur Hälfte einer gesteuerten Zuwanderung zu verdanken. Der Google-Mitgründer Sergej Michajlovič Brin kam nämlich mit seinem Vater aus Moskau in die USA.
Nach Deutschland ziehe es hingegen kaum einen IT-Spezialisten, bedauert der Verbandspräsident – zurecht, denn insgesamt haben sich hier 2007 gerade einmal 466 hoch qualifizierte Arbeitnehmer aus Ländern außerhalb der EU niedergelassen. Weil aber auch Deutschland auf solche positiven Impulse angewiesen ist, müsse nach Ansicht des BITKOM das Zuwanderungsgesetz grundlegend reformiert werden, mahnt Scheer.
Wirksamstes Instrument ist nach Verbandsmeinung ein Punktesystem. Danach darf einwandern, wer bestimmte Kriterien wie Qualifikation, Sprachkenntnisse oder Alter erfüllt. Von Jahr zu Jahr könnte die Politik entscheiden, wie viele Zuwanderer maximal kommen dürfen und welche Qualifikation sie haben müssen.
Daneben sollten aber auch die Forschungs- und Wirtschaftspolitik stärker miteinander verzahnt und die ITK-Branche ins Zentrum gerückt werden, weil ihre Technologien Hebelwirkung für andere Sektoren habe. Langfristige Bedeutung habe die Reform des Bildungswesens – laut Scheer der Schlüssel zu vielen aktuellen Herausforderungen. Darüber hinaus solle durch eine Gründungs- und Wachstumsstrategie sichergestellt werden, dass gute Ideen aus der Forschung in erfolgreiche Produkte umgesetzt und junge Unternehmen schnell international aufgestellt werden. „Wir brauchen Exzellenz-Cluster, die international wettbewerbsfähig sind“, so Scheer. Der Staat solle bei all dem eine Katalysatorrolle übernehmen, indem er im Rahmen öffentlicher Beschaffung gezielt technologische Innovationen anreizt. (BITKOM/ml)