Auf den ersten Blick erscheint es widersinnig: Die Deutschen geben trotz hoher Energiepreise und der Angst vor einer Rezession nach wie vor Geld für Urlaubsreisen aus. Aber historisch ist das keine neue Erscheinung. Je mehr Angst umgeht, desto mehr wird für die Ablenkung davor ausgegeben, zumindest solange man es sich leisten kann. Deshalb verwundert auch das zweite Ergebnis der Studie GfK TravelScope der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zum Reiseverhalten der Deutschen nicht: Vor allem ältere Menschen und Singles reisen immer häufiger. Familien dagegen schränken sich ein – sie können es sich trotz Angst schlicht nicht leisten.
Insgesamt 38% der deutschen Haushalte unternahmen im ersten Tourismushalbjahr 2008, also im Zeitraum von November 2007 bis April 2008, eine Urlaubsreise. Das entspricht 13,4 Millionen Haushalten und einem Wachstum von 0,7% im Vergleich zum ersten Tourismushalbjahr 2007. Insgesamt wurden 43,9 Millionen Reisen unternommen, das sind 700.000 mehr als im Vorjahreszeitraum und entspricht einem Plus von 1,5%. Die Ausgaben für Reisen sind im ersten Tourismushalbjahr 2008 ebenfalls gestiegen, und zwar um 0,9% auf 22,1 Milliarden Euro.
Singles und ältere Menschen reisen besonders viel. Der Marktanteil an Single-Reisen ist um 7,8% gestiegen. Der traditionell hohe Marktanteil der 50- bis 64-jährigen von 22% legte zwischen November 2007 und April 2008 um 4,7% zu. Bei den über 64-Jährigen stieg er um 5% auf insgesamt 20%. Familien dagegen verreisen seltener als bisher. Die entsprechenden Zahlen sind um 3,6% gesunken, bei Familien mit zwei Kindern sogar um 8,5%.
Insgesamt verreisten im Untersuchungszeitraum mehr Deutsche, aber der Einzelne leistet sich weniger Urlaube pro Jahr. Die Zahl der Reisen pro Jahr sank im Vergleich zum Vorjahr um 0,7%. Ursache hierfür ist die Inflation, die den einzelnen Urlaub teurer werden lässt. Die durchschnittlichen Ausgaben pro Reise erhöhten sich im Vergleichszeitraum von 499 auf 507 Euro. Das ist ein Plus von 1,7% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Anders als in den zurückliegenden Jahren sind es vor allem Reisen in fremde Länder, die zum Wachstum beitragen. Insgesamt erfolgten 19,8 Millionen Reisen ins Ausland, 500.000 Reisen mehr als im Vorjahreszeitraum. Profitiert haben dabei die klassischen Skiregionen in der Schweiz, in Frankreich und Österreich. Frankreich und Österreich verbuchten 7% mehr deutsche Wintertouristen und die Schweiz 6,3%.
Bei den Reisen in Erholungsregionen, in denen Baden und Sonnen im Vordergrund stehen, hatten die Türkei und Ägypten Zuwächse von jeweils rund 10%, die allerdings zu Lasten der Reisen nach Spanien, Portugal, Marokko und Tunesien gehen.
Bei Auslandsreisen liegen vor allem Kurztrips zwischen einem und vier Tagen im Trend. Im Vergleich zum 1. Tourismushalbjahr 2007 ist dieser Anteil um 11% gestiegen. Bei den Inlandsreisen zeichnet sich ein anderes Bild ab. Hier haben sich erstmals vor allem die längeren Aufenthalte positiv entwickelt. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen Reisen ab fünf Tage um 0,8% auf 8,6 Millionen an. Insgesamt unternahmen die Deutschen zwischen November 2007 und April 2008 rund 24,1 Millionen Reisen im eigenen Land. Das sind 200.000 Reisen mehr als im Vorjahr. Die großen Gewinner im Inland sind die Bundesländer an Nord- und Ostsee. Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen verzeichnen Zuwächse im zweistelligen Bereich.
Im Rahmen der Studie GfK TravelScope werden die Teilnehmer regelmäßig auch nach ihren Reiseplänen für die Zukunft gefragt. Die Auswertung ergab für die kommende Saison ein vergleichsweise positives Bild. Die Deutschen planen so viele Reisen wie auch in den vergangenen Jahren.
(GfK/ml)