Im ersten Halbjahr 2008 fielen zahlreiche Tarifabschlüsse in Deutschland mit über 4% erneut deutlich höher aus als in den Vorjahren. Zum Vergleich: Im Juni stiegen gegenüber dem Juni 2007 die Verbraucherpreise um bis zu 3,3% an. Damit wurden die Preisanstiege in vielen Branchen geringfügig überkompensiert. Die Beschäftigten von Branchen mit geringeren oder keinen Tarifabschlüssen mussten in aller Regel Reallohneinbußen hinnehmen. Ein weiterer Trend des ersten Halbjahres sind Lohnuntergrenzen und Mindestlöhne.
Tarifabschlüsse von 4% und mehr erzielten die Beschäftigten im ersten Halbjahr 2008 unter anderem in der Eisen- und Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen und in den neuen Ländern sowie in der chemischen Industrie. Auch im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen stiegen die Tarifverdienste durchschnittlich um über 4%. In den Bundesländern, für die seit Oktober 2005 ein eigener Tarifvertrag gilt, gab es nach mehreren Nullrunden eine Tariferhöhung von 2,9%. In der Textilindustrie, im Einzelhandel und im Hotel- und Gastgewerbe stiegen die Tarifverdienste mit 3% oder mehr deutlich stärker als in den Vorjahren. In anderen Branchen, wie beispielsweise im Metallgewerbe oder in der Süßwarenindustrie, wurden Tariferhöhungen wirksam, die bereits 2007 vereinbart worden sind. Diese fielen aber häufig geringer aus als die Abschlüsse im Jahr 2008.
Derzeit gibt es in fünf Bauberufen, im Elektrohandwerk, im Gebäudereinigungshandwerk und bei Briefdienstleistern allgemeinverbindliche, branchenspezifische Mindestlöhne. Sie lagen am 1. April 2008 zwischen 6,58 Euro in der Gebäudereinigung in den neuen Ländern und 12,50 Euro für Fachwerker, Maschinisten und Kraftfahrer im Baugewerbe im früheren Bundesgebiet. Weitere acht Branchen, darunter die Zeitarbeit sowie das Wach- und Sicherheitsgewerbe, haben allgemeinverbindliche Mindestlöhne beantragt. Voraussetzung dafür ist, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf Mindestlöhne einigen und die Tarifverträge bereits für mehr als die Hälfte der Beschäftigten in dieser Branche gelten.
Zunehmend werden aber auch verbindliche Lohnuntergrenzen für Branchen mit geringerer Tarifbindung gefordert, wie beispielsweise für die Fleisch verarbeitende Industrie, das Hotel- und Gastgewerbe sowie das Friseurgewerbe. Im Fleischerhandwerk liegen die untersten Tarifgruppen zwischen 4,50 Euro in Sachsen und 7,33 Euro in Nordrhein-Westfalen. Im Hotel- und Gastgewerbe wurden in den untersten Tarifgruppen in Sachsen monatlich 1109 Euro (6,39 Euro/Stunde) und in Hessen 1193 Euro (7,10 Euro/Stunde) vertraglich vereinbart. Im Friseurhandwerk betragen die untersten Tarifverdienste monatlich 492 Euro (3,06 Euro/Stunde) in Sachsen, 860 Euro (5,34 Euro/Stunde) in Hessen und 1 071 Euro (6,34 Euro/Stunde) in Bayern. (Statistisches Bundesamt/ml)