Rund vier Milliarden Euro nehmen die Länder derzeit aus der Erbschaftsteuer jährlich ein – eher wenig, verglichen mit anderen Steuerformen. Deshalb verzichten viele Länder weitgehend oder ganz auf diese „Totensteuer“, darunter die Schweiz, Österreich und Italien. Auch in Deutschland geht es vielen Befürwortern weniger um die Steueraufeinnahmen, als vielmehr um eine „gefühlte Gerechtigkeit“. Für die Linken in der SPD, bei den Grünen und die Populisten der PDS-Nachfolgepartei ist der Ruf nach einer hohen Erbschaftsteuer deshalb in erster Linie ein Instrument des Klassenkampfs. Leider bekleckern sich bei diesem Thema auch die Koalitionsparteien keineswegs mit Ruhm.Wie wortreich das Ringen um die Erbschaftsteuerreform innerhalb der Koalition beschönigt wurde und immer wieder wird, macht unser Podcast zum Thema hörbar, in dem wir Ausschnitte aus vergangen Beteuerungen führender Politiker zusammengestellt haben.
Der vorerst letzte Trauerakt ging am Donnerstag über die politische Bühne: Gestern berieten Union und SPD zwar wortreich über die Reform – zu einer Einigung kam es jedoch wieder nicht. Die Zeit aber drängt. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die große Koalition verpflichtet, bis zum 1. Januar 2009 eine Neuregelung für die Erbschaftsteuer zu finden. Auch für die mittelständische Wirtschaft läuft die Uhr, denn die Unsicherheit, wie es in Zukunft für Firmenerben steuerlich ausschaut, lässt derzeit viele Firmeninhaber vor einer rechtzeitigen Übergabe zurückschrecken. Gezaudert wird aber ohnehin schon viel zu oft bei der Nachfolgeregelung.
Als Nächstes sind die Abgeordneten am kommenden Freitag, dem 17. Oktober, aufgerufen, sich gleich zu Beginn der Plenarsitzung mit dem Thema zu befassen. Dann soll über den Regierungsentwurf (unter Berücksichtigung der bisherigen Einwände des Bundesrats) im Bundestag endlich entschieden werden. Dieser sieht einen nahezu steuerfreien Generationenwechsel bei kleinen und mittleren Unternehmen sowie höhere Freibeträge für enge familiäre Erben vor. Seitens der Opposition liegen drei Änderungsanträge vor. Sie reichen von der Forderung der Linken einer „sozial gerechten Reform“ über den Ruf der Grünen nach „einer verstärkten Besteuerung großer Vermögen“ bis hin zur Forderung der FDP nach vernünftigen Fristen und Steuererleichterungen für Unternehmen.
Sollte der Reformvorschlag der Bundesregierung am kommenden Freitag tatsächlich angenommen werden, muss anschließend noch der Bundesrat zustimmen.
(ml)