Wenn in einem Wirtschaftsbereich weniger als 50% der Beschäftigten unter einen Tarifvertrag fallen, soll in der betroffenen Branche ein Mindestarbeitslohn eingeführt werden können. So sieht es der neue Entwurf eines „Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen“ der Bundesregierung vor. Das bereits 1952 in Kraft getretene Mindestarbeitsbedingungsgesetz hatte in den letzten Jahren keine praktische Bedeutung mehr. Das will der Entwurf ändern: „Mindestarbeitsentgelte können in einem Wirtschaftszweig festgesetzt werden, wenn in dem Wirtschaftszweig bundesweit die an Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber weniger als 50% der unter den Geltungsbereich dieser Tarifverträge fallenden Arbeitnehmer beschäftigen“, heißt die entscheidende Neuregelung in Paragraf 1 Absatz 2.
Zur Festsetzung der Mindestarbeitsbedingungen soll ein Hauptausschuss eingerichtet werden, der aus einem Vorsitzenden und sechs weiteren Experten besteht, „die in der Lage sind, die sozialen und ökonomischen Auswirkungen von Mindestarbeitsentgelten einzuschätzen“, heißt es in dem Entwurf. Die Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen jeweils zwei Mitglieder und deren Stellvertreter vorschlagen. Zwei weitere Mitglieder sowie der Vorsitzende des Hauptausschusses werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgeschlagen. Die Berufung aller Mitglieder soll durch die Bundesregierung erfolgen.
Die Aufgabe des Hauptausschusses soll darin bestehen, durch Beschluss festzustellen, „ob in einem Wirtschaftszweig soziale Verwerfungen vorliegen und Mindestarbeitsentgelte festgesetzt, geändert oder aufgehoben werden sollen“. Bundes- und Landesregierungen sowie die Spitzenorganisationen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sollen dem Hauptausschuss Vorschläge unterbreiten können, in welchen Wirtschaftszweigen Mindestarbeitsentgelte festgesetzt werden sollen.
Sollte der Hauptausschuss einen Mindestlohn für eine Branche festsetzen, muss ein Fachausschuss gebildet werden, der die konkrete Höhe des Mindestlohns beschließt. Dieser Fachausschuss wird paritätisch mit je drei Beisitzern aus den Kreisen der betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besetzt. „Hinzu kommt ein unparteiischer Vorsitzender mit Stimmrecht, der von der Bundesregierung auf Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales berufen wird“, heißt es in dem Entwurf. Die von dem Fachausschuss beschlossenen Mindestentgelte sollen dann von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung festgesetzt werden. Die Mindestlöhne können vom Fachausschuss nach Art der Tätigkeit, Regionen und Qualifikation der Arbeitnehmer in unterschiedlichen Höhen festgelegt werden. Die festgesetzten Mindestlöhne gelten für alle Arbeitnehmer in dem Bereich – unabhängig von der Nationalität.
Der Bundesrat rügt in seiner Stellungnahme unter anderem, dass die obersten Arbeitsbehörden der Länder für die Kontrolle des Mindestarbeitsgesetzes zuständig sein sollen. Er schlägt vor, dass diese Aufgaben von der Zollverwaltung übernommen werden, die schon für das Arbeitnehmer-Entsendegesetz zuständig sei. Es müsse ein einheitliches Verfahren für den Vollzug beider Gesetzentwürfe geschaffen werden. Die Bundesregierung sieht das anders: Die bisherigen Vollzugs- und Sanktionsvorschriften des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes hätten sich bestens bewährt, lautet ihre Begründung.
(Deutscher Bundestag/ml)