Nach sechs Wachstumsjahren in Folge erwartet die deutsche Bau- und Baustoffmaschinenindustrie 2009 ein Ende der Boomphase und tiefe Rückschläge. Man sei dafür jedoch gut gerüstet, beruhigte der Fachverband Bau- und Baustoffmaschinen des VDMA seine Mitglieder auf der Mitgliederversammlung am Donnerstag in Karlsruhe. Nach Angaben des VDMA stehen die Zeichen der Branche noch auf Wachstum. In den ersten neun Monaten dieses Jahres sind die Umsätze der Bau- und Baustoffmaschinenindustrie in Deutschland gegenüber dem Vorjahreszeitraum erneut gestiegen.
Zu verdanken sei das vor allem der Entwicklung im Baustoffmaschinenbereich, so der Verband. Bei Baustoff-, Glas- und Keramikmaschinen legten die Umsätze in diesem Zeitraum um 79% zu, davon entfielen 31% auf das Inland und satte 85% auf das Ausland. Dieser starke Anstieg ist nach Auskunft des Fachverbands auf Großaufträge aus dem Zementanlagenbau zurückzuführen. Bei Baumaschinen sei das Wachstum mit insgesamt 7% deutlich geringer ausgefallen. Im Inland verzeichneten die Hersteller ein Umsatzplus von 2% und im Ausland von 9%.
Dagegen seien im gleichen Zeitraum die Auftragseingänge bei Baumaschinen deutlich eingebrochen, und zwar über alle Segmente hinweg, klagt der Verband. Die Auftragseingänge lägen im Durchschnitt um ein Drittel niedriger als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Das bekommen besonders die Hersteller von Turmdrehkranen, Betontechnik und Baugeräten zu spüren, aber auch die Hersteller von Standardmaschinen wie Bagger oder Radlader. Die Baustoffmaschinen verzeichneten dagegen noch eine Steigerung ihrer Auftragseingänge um 7%.
Wegen der Großaufträge im Zementbereich wird der Branchenverband seine Umsatzprognose vom Jahresanfang von +8,2% für die Gesamtbranche in diesem Jahr sogar noch leicht überschreiten. Der Verband rechnet mit einem Umsatzplus von 8,6% auf 16,6 Milliarden Euro. Dr. Christof Kemmann, Vorsitzender des VDMA Fachverbandes Bau- und Baustoffmaschinen betont allerdings, dass diese Zahlen nicht über die ernste Lage bei den aktuellen Auftragseingängen hinwegtäuschen dürften.
Der Export ist das wichtigste Standbein der Branche. In den ersten neun Monaten diesen Jahres gingen Bau- und Baustoffmaschinen im Wert von rund acht Milliarden Euro ins Ausland. Das sind rund 16% mehr als zur gleichen Zeit im Vorjahr. Mit 68% Exportanteil ist Europa der größter Absatzmarkt, gefolgt von Asien (9%) und Nordamerika (7%). Der Weltexportmarkt für Bau- und Baustoffmaschinen wächst seit Jahren stetig und lag 2007 nach Zahlen der internationalen Außenhandelsstatistik bei 76 Milliarden Euro.
Deutschland hält davon einen Weltexportanteil von 14%. „Wir haben am Wachstum proportional partizipiert, während Länder wie die USA, Japan oder Großbritannien Anteile an andere Wettbewerber abgeben mussten – vor allem an die Chinesen„, stellte Kemmann fest.
Die chinesischen Unternehmen haben ihre globalen Exportaktivitäten in den letzten fünf Jahren kräftig ausgebaut und ihren Weltmarktanteil in diesem Zeitraum von 2 auf 6% steigern können. Chinesische Unternehmen exportieren vor allem nach Afrika, Lateinamerika, in den Nahen und Mittleren Osten und versuchen derzeit auch in Russland erfolgreich Fuß zu fassen. In Europa und Nordamerika haben sie, so Kemmann, aber bisher noch keine nennenswerten Marktanteile erringen können.
Dennoch – die allgemeine konjunkturelle Lage zeige unübersehbare Anzeichen von Schwäche, warnt der Fachverband. Er erwartet für 2009 deshalb einen Umsatzrückgang für die Gesamtbranche von 4,6% auf rund 15,8 Milliarden Euro. Davon entfallen voraussichtlich 10,7 Milliarden Euro (-7,5%) auf Baumaschinen und 5,1 Milliarden Euro (+2,2%) auf Baustoffmaschinen. Eine positive Trendwende für die Bau- und Baustoffmaschinenbranche sehen die Konjunkturexperten des Fachverbandes allerfrühestens in der zweiten Jahreshälfte 2010.
Eine echte Wachstumsbremse sei zudem der Ingenieurmangel, klagt der Verband. Die Suche nach qualifiziertem Personal gestalte sich für die mittelständisch geprägte Bau- und Baustoffmaschinenindustrie schwierig. Fast alle Unternehmen suchen Ingenieure. Sie befinden sich bei den Absolventen im harten Wettbewerb zu anderen attraktiven Arbeitgebern, wie zum Beispiel der Automobilindustrie. Laut einer Umfrage des Fachverbandes unter seinen 300 Mitgliedern im August/September 2008 sehen die meisten der Firmen im Ingenieurmangel eine Wachstumsbremse für das eigene Unternehmen und glauben, dass ihm so Geschäftschancen entgehen.
Produktpiraterie sei eine weitere Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit der Bau- und Baustoffmaschinenindustrie. Laut einer VDMA Umfrage vom April 2008 entstehen dem gesamten Maschinenbau sieben Milliarden Euro Jahresumsatzverlust durch Produktpiraterie. Unternehmen müssten eine umfassende Abwehrstrategie wählen, die sowohl rechtliche Schutzvorkehrungen als auch organisatorische und technische Maßnahmen sowie eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit beinhalte. Ein Erfolg ist der vom VDMA seit Jahren geforderte China IPR SME Helpdesk. Er ist seit Mai 2008 Anlaufstelle für betroffene Unternehmen vor Ort. Mit der Kampagne Pro Original werben die Unternehmen des Maschinenbaus bei potenziellen Kunden, den Mehrwert von Originaltechnologie angemessen zu würdigen und die Risiken von Nachahmerprodukten zu erkennen. (VDMA/ml)