Eine neue Studie der Technischen Universität München und der Universität Bonn zeigt, dass sich Finanzinvestoren nicht über einen Kamm scheren lassen: Sie schielen nicht unbedingt nur auf die kurzfristige Steigerung der Aktienkurse. Gerade die viel gescholtenen Private-Equity-Fonds verfolgen oft das Ziel, das Unternehmen langfristig fit für den Markt zu machen. Ihre Beteiligung ist deshalb meist auf mehrere Jahre ausgerichtet. Bei Hedge-Fonds scheint das Bild der Heuschrecke, die nur die kurzfristige Steigerung des Shareholder Value im Blick hat und dann weiter zieht, dagegen eher zu stimmen.
Während Hedge-Fonds neben Aktienkäufen viele weitere Geschäfte abwickeln – darunter den Handel mit Rohstoffen, Währungen und hochspekulativen Finanzderivaten – stellen für Private-Equity-Fonds Unternehmensbeteiligungen den Kern des Geschäfts dar. Die Forscher untersuchen deshalb in ihrer Arbeit die Investitionsmotive dieser Finanzinvestoren am deutschen Kapitalmarkt. Dazu nahmen sie 57 Private-Equity- und 96 Hedge-Fonds-Beteiligungen unter die Lupe.
Das Fazit: Die gängigen Vorurteile gegenüber Finanzinvestoren, ihr Engagement sei nur auf kurzfristige Gewinnmitnahmen ihrer Anteilseigner ausgerichtet, ist zu undifferenziert. Das beginnt schon bei den Geschäftsmodellen: Private-Equitiy-Fonds zählen zu den geschlossenen Fonds; sie sammeln vor Investitionsbeginn einmalig Geld finanzkräftiger Kapitalgeber ein. Diese Mittel sind dann für eine zuvor festgelegte Laufzeit gebunden. Die Anteilseigner können ihr Kapital nicht vorher abziehen. Kapitalgeber von Hedge-Fonds haben allerdings die Möglichkeit relativ kurzfristig auszusteigen.
Schon allein aufgrund dieses Unterschieds engagieren sich Private-Equity-Fonds viel längerfristig als Hedge-Fonds: Im Schnitt stellen die Anteilseigner ihr Kapital für zehn Jahre zur Verfügung. Diese lange Laufzeit nutzen Private-Equity-Fonds für Maßnahmen, die das Unternehmen langfristig fitter für den Wettbewerb machen. Das Beispiel Märklin verdeutlicht dies; dort nahm Kingsbridge Capital sogar Einfluss auf die Produktpalette.
Um ihre Pläne durchzusetzen, streben Private-Equity-Fonds in der Regel Mehrheitsbeteiligungen an: Die in der Studie untersuchten Fonds hielten meist mehr als 30% der Unternehmensanteile. „Natürlich stehen auch bei Private-Equity-Fonds letztlich finanzielle Motive im Vordergrund.“, erklärt Dr. André Betzer von der Uni Bonn. „Sie haben aber länger Zeit, Gewinne zu realisieren, und ergreifen dazu in der Regel nachhaltigere Maßnahmen.“
Bei Hedge-Fonds können die Investoren durchschnittlich nach zehn Monaten ihr Geld wieder abziehen. „Wenn Hedge-Fonds in ein Unternehmen einsteigen, wollen sie daher binnen kurzer Zeit einen wahrnehmbaren Effekt erzielen“, sagt Professor Dr. Ann-Kristin Achleitner. „Sie setzen dazu vor allem auf Maßnahmen, die sich kurzfristig auf die Börsenkurse auswirken.“ Dazu gehören beispielsweise Dividenden-Steigerungen, aber auch spektakuläre Personalentscheidungen. So versuchte der Hedge-Fonds Wyser-Pratte vergeblich, den TUI-Vorstandvorsitzenden Michael Frenzel aus dem Amt zu drängen. „Natürlich können auch solche kurzfristig wirkenden Maßnahmen langfristig den Unternehmenserfolg steigern“, betont Jasmin Gider, Uni Bonn.
Hedge-Fonds steigen oft in Unternehmen mit einer kleinteiligen Aktionärsstruktur ein. Dort fehlt es häufig an einer effektiven Kontrolle des Managements, wie sie normalerweise durch Großaktionäre ausgeübt wird. Hedge-Fonds springen in diese Bresche und versuchen, schädliche Entscheidungen zu verhindern – beispielsweise Unternehmens-Übernahmen, die aus ihrer Sicht keinen Sinn machen. Dazu reichen ihnen vergleichsweise geringe Aktienpakete, weil sie ja keinen großen Gegenspieler haben: Im Schnitt halten die Fonds nur gut 8% der Stimmrechtsanteile.
Aber nicht alle Hedge-Fonds greifen in die Geschäftspolitik ein. Ihr Engagement kann auch auf rein spekulativen Motiven beruhen, wie zum Beispiel im Fall Volkswagen.
Für mittelständische Unternehmen, die in den Fokus von Finanzinvestoren geraten oder solche gezielt suchen, bietet die Studie wertvolle Hinweise zur Einschätzung der betreffenden Investoren. Die komplette (englischsprachige) Studie steht als kostenloser Download zur Verfügung.
(idw/ml)