Weit auseinander lagen die Positionen, als es am Montagmittag in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages um Mindestlöhne in der Zeitarbeitsbranche ging. Während die Vertreter des Betriebsrats von Randstad Ost, einer der größten Zeitarbeitsfirmen in Deutschland, die Aufnahme in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) forderten, lehnten dies die Sachverständigen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) vehement ab.
BDA-Vertreter Roland Wolf begründete die Ablehnung damit, dass in der Branche ohnehin eine „fast 100-prozentige Tarifbindung“ herrsche. Gesetzliche Mindestlöhne seien deshalb ein zu weit gehender Einschnitt in die Tarifautonomie. Die BDA habe „allergrößte Bedenken“ ob ein solcher Eingriff überhaupt verfassungskonform sei.
Swen Tech vom Betriebsrat Randstadt Ost betonte dagegen: „Wir sehen die jetzige Tariflandschaft von den Unternehmen zunehmend ausgehöhlt. Wir brauchen eine gesetzliche Untergrenze.“ Immer mehr Arbeitnehmer in der Zeitarbeitsbranche seien auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen. Dem stimmten auch die Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zu: „Die Zeitarbeit ist keineswegs eine vorbildliche Branche. Und wer hier von einer Tarifbindung von 99% spricht, hat keine Ahnung von den Realitäten vor Ort“, versuchte DGB-Experte Reinhard Dombre die Position des BDA zu diskreditieren.
Auch wenn es „natürlich eine mittelbare Untergrabung der tariflichen Regelungsbefugnis“ gebe, so Roland Wolf von der BDA in seiner Antwort auf die Vorhaltungen der Gewerkschaftsvertreter, müsse im Vordergrund stehen, dass die Zeitarbeit als Einstiegsmotor in den Arbeitsmarkt fungiere, und dies sei nur durch tarifliche Öffnungsklauseln gesichert. „Durch eine Aufnahme ins AEntG wird die Abweichung von den Tarifverträgen verhindert und so den Arbeitslosen der Einstieg in den Arbeitsmarkt erschwert“, betonte Wolf.
Auch für den Bereich der Altenpflege forderte der DGB Mindestlöhne. Vor allem bei den privaten Anbietern im Bereich der ambulanten Pflege würden teilweise bereits Stundenlöhne von 4,50 Euro gezahlt, mahnte Jörg Wiedemuth vom DGB.
Diskussionen gab es auch darüber, wie hoch ein Mindestlohn sein müsse, damit er das Existenzminimum absichern kann. Thorsten Schulten, Referent für europäische Arbeits- und Tarifpolitik der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, verwies auf die Europäische Sozialcharta, die Deutschland vor Jahren unterzeichnet hat, und die das Recht auf ein angemessenes Entgelt festschreibt.
Ein Kompromiss, den beide Interessengruppen mitzutragen bereit wären konnte in der Anhörung nicht gefunden werden.
(Deutscher Bundestag/ml)