Trotz intensiver Vorbereitung der Branche auf die EU-Chemikalien-Verordnung REACH haben nach Angaben des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) viele Chemieunternehmen Probleme, die Vorgaben umzusetzen. Ausfälle der Informationstechnik auf Seiten der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) in Helsinki haben in den letzten Wochen viele Unternehmen daran gehindert, ihre Stoffe bei der Behörde vorregistrieren zu lassen. Die Frist von 6 Monaten für die Vorregistrierung endet jedoch am 1. Dezember 2008 um Mitternacht.
Unternehmen, die die notwendigen Informationen für ihre Substanzen bis zum 1.12.2008 nicht übermittelt haben, riskieren ihre Geschäftsgrundlage. Denn danach gilt unmittelbar das Prinzip: „Ohne Daten kein Markt.“ Die REACH-Verordnung schreibt vor, dass in einem solchen Fall Herstellung oder Import eines Stoffes erst dann erlaubt sind, wenn die vollständigen Registrierungsunterlagen eingereicht worden sind, die sehr viel mehr Daten und umfangreiche Angaben von den Unternehmen erfordern. Mit der fristgerechten Vorregistrierung eines Stoffes bei der ECHA wird ihnen dagegen der Anspruch auf die gesetzlich garantierten Übergangsfristen von bis zu zehn Jahren für die eigentliche Registrierung gewährt.
Es steht also viel auf dem Spiel, wenn technische Pannen eine solche rechtzeitige Registrierung verhindern. Der Verband intervenierte deshalb kürzlich in Brüssel – mit Erfolg, wie es scheint. Die Chemikalienagentur in Helsinki hat nach Auskunft des Verbands mittlerweile sein IT-System aufgerüstet, so dass das Registrierungsverfahren jetzt stabiler und schneller läuft.
Bis Mitte November sind bei der Behörde in Helsinki über 50.000 verschiedene Stoffe vorregistriert worden, die in einer Menge von mehr als einer Tonne pro Jahr in der EU produziert oder importiert werden. Insgesamt haben bislang fast 15.000 Unternehmen aus allen Mitgliedstaaten der EU über 1 Million Vorregistrierungen eingereicht, gut ein Drittel davon stammt allein aus Deutschland. Bis spätestens zum Jahreswechsel muss die ECHA die vollständige Liste aller vorregistrierten Stoffe auf ihren Internetseiten veröffentlichen.
Aber nicht nur mit den Schwierigkeiten der Chemikalienagentur haben die Unternehmen zu kämpfen. Die Verordnung an sich stellt mit ihrem komplexen Regelwerk vor allem für mittelständische Firmen eine enorme Herausforderung dar. Allein die technischen Anleitungen der ECHA für die Sicherheitsbewertung eines Stoffes umfassen über 2000 Seiten. Auch hierbei bietet der VCI seine Hilfe an, unter anderem durch sein REACH-Online-Portal. Dort finden die Firmen nicht nur spezielle Leitlinien oder Checklisten, die auf der Arbeit der zuständigen Fachgremien des VCI basieren. Sie erhalten auch direkte und konkrete Hilfe bei individuellen Fragen. Verbandsmitglieder können das Portal kostenlos nutzen.
Jüngstes Hilfeprojekt ist ein Praxisführer, der auch kleine Unternehmen in die Lage versetzen soll, Stoffsicherheitsbewertungen einfach durchzuführen. Bis Ende des Jahres will der VCI mit Unterstützung des Öko-Institutes in Freiburg diesen Führer erarbeiten.
Ein weiteres Hilfsmittel ist „SIEFreach„: Wenn ein Unternehmen einen Stoff vorregistriert hat, wird es automatisch Teilnehmer eines so genannten „Substance Information Exchange Forum“ (SIEF) der ECHA. In diesen Foren sollen Firmen, die den gleichen Stoff vorregistriert oder registriert haben, ihre Daten austauschen, um unnötige Tests und Studien zu vermeiden. Beim Informationsaustausch selbst gibt es aber keine Hilfe von der ECHA. Gemeinsam mit anderen nationalen Chemieverbänden und dem europäischen Dachverband in Brüssel hat der VCI deshalb eine weitere IT-Plattform mit dem Namen „SIEFreach“ eingerichtet. Sie soll den Datenaustausch für alle Teilnehmer so kostengünstig und praktikabel wie möglich machen. Da REACH auch für Importeure gilt, steht diese Plattform nicht nur Unternehmen in der EU, sondern Unternehmen aus aller Welt offen. (ots/ml)