Während die Regierungskoalition das neue Vergaberecht als Stärkung des Mittelstands feiert (wir berichteten darüber), klagt der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, der Tag, an dem der Wirtschaftsausschuss dem Gesetzentwurf zur Modernisierung des Vergaberechts zustimmte, sei „ein schwarzer Tag für öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) in Deutschland“. Durch den künftigen Zwang zur Fach- und Teillosvergabe für ÖPP-Projektgesellschaften, werde den beteiligten Unternehmen die nötige Flexibilität genommen, ohne die der von den öffentlichen Auftraggebern erwartete Effizienzgewinn nicht zu erwirtschaften sei.
Rechtsanwalt Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Verbands, mahnt, jetzt komme es auf die Bundesländer an, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen, um weiteres Unheil vom noch jungen deutschen Markt für Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP) abzuwenden. Den Abgeordneten der großen Koalition wirft Knipper vor, dem von ÖPP-Gegnern verbreiteten „Märchen von der Mittelstandsfeindlichkeit öffentlich-privater Partnerschaften“ aufgesessen zu sein. Tatsächlich sei aber jedes zweite der mehr als 100 bislang vergebenen ÖPP-Projekte von einem mittelständischen Unternehmen gewonnen worden. Mehr noch: 70 bis 80% der Unteraufträge bei großen ÖPP-Projekten seien an den regionalen Mittelstand gegangen. Alle Untersuchungen hätten gezeigt, dass diese Quote bei ÖPP-Projekten sogar höher sei als bei konventioneller Ausschreibung. Knipper: „Hier wird neues Recht geschaffen, ohne die Realität des Marktes überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.“
Für die deutsche Bauindustrie bietet der ÖPP-Markt in der Tat ein interessantes Potenzial: Seit 2002 sind nach Angaben des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie in Deutschland 106 ÖPP-Projekte mit einem Investitionsvolumen von 3 Milliarden Euro vergeben worden. Weitere 150 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 5 Milliarden Euro befinden sich derzeit in der Ausschreibung oder in der Vorbereitung.