Wem ein funktionierendes Ruder fehlt, der gerät ins Schlingern. Das gilt auch für Medienunternehmen. Deutsche Medienunternehmen haben zwar ihre Geschäftsmodelle größtenteils an das digitale Zeitalter angepasst, ihre Steuerungsmethoden und -instrumente jedoch vielfach beibehalten. Das ergab eine Befragung in- und ausländischer Medienunternehmen durch das Consultingunternehmen Deloitte. Im Fokus der daraus entstandenen Studie „Steuerung von Medienunternehmen im digitalen Zeitalter“ stehen Steuerungsobjekte, die an das Geschäftsmodell angepasst und entsprechend priorisiert werden müssen.
„Kaum eine andere Branche durchlebt einen so radikalen Veränderungsprozess wie die Medienbranche. Die Vielfalt der Medienarten und -kanäle, veränderte Konsumgewohnheiten sowie neue Wettbewerber sind nur einige Aspekte. Den Unternehmen ist klar, dass sie sich verändern müssen, um die neuen Herausforderungen zu bewältigen – sie wissen nur noch nicht wie“, so Klaus Böhm, Director Media bei Deloitte.
Die Deloitte-Studie analysiert inhaltliche, organisatorische, Prozess- und IT-bezogene Aspekte der Unternehmenssteuerung. Sie zeigt, dass die traditionelle Steuerungssicht „Region-Kanal-Produkt“ heute nicht mehr zeitgemäß ist. Der einzelne Kanal rückt in den Hintergrund, da Erlöse heute aus den verschiedensten Verwertungsformen resultieren. Der Fokus verschiebt sich auf Inhalte. Auch das Land/ und die Region verlieren aufgrund der Internationalisierung an Bedeutung. Gerade in der Medienbranche zeigte sich, dass sich die Unternehmenssteuerung und damit das Controlling extrem von den Erlösmodellen entfernt haben.
Die Unternehmenssteuerungsgrößen sind ausschlaggebend für ein aussagekräftiges Bild auf Umsatz- und Kostentreiber. Bislang reichte die Betrachtung klassischer Renditegrößen, also vergangenheitsorientierter monetärer Kennzahlen, aus. Heute ist das Bild diversifizierter, Cash flow und vor allem nicht-finanzielle Größen (Inhaltequalität, Kundenzufriedenheit, etc.), aber auch Ergebnisrechnungen bekommen eine größere Bedeutung. Allerdings sind wenige Unternehmen bisher in der Lage, kanalübergreifend alle Erlöse und Kosten einem spezifischen Projekt zuzuordnen. Zum Beispiel werden von kaum einem Unternehmen Werbekunden-Ergebnisrechnungen genutzt. Insgesamt herrscht Unsicherheit, welche Größen Bedeutung für die Unternehmenssteuerung haben sollten.
Da es bisher keine konzernübergreifende Einbindung des Controllings gibt, bestehen bei der Organisation der Unternehmenssteuerung große Defizite. Das Controlling deutschsprachiger Unternehmen ist weiterhin innerhalb des Finanzbereiches isoliert und nicht an geschäftsspezifischen Entscheidungen beteiligt. Bei angelsächsischen Unternehmen hingegen ist es in Entscheidungen zur Preisfindung, Projektpriorisierung usw. eingebunden.
Das sich verändernde Medienumfeld verlangt nach einer flexiblen und schnellen Steuerung. Laut Studie begnügt sich die Mehrheit der Befragten jedoch mit traditionellen Prozessen und verzichtet sowohl für Planungs- als auch Reportingaufgaben auf eine adäquate IT-Infrastruktur.
Die Planung ist zudem immer noch sehr kostenstellenorientiert – der Wandel der Geschäftsmodelle verlangt jedoch laut Studie neue Ansätze. Es gelte, ein übergeordnetes Planungssystem zu schaffen, das einer zyklischen Finanzplanung sowie einer unterjährigen Reallokation von Ressourcen auf Projektebene gleichermaßen gerecht wird. (ots/ml)