Im abgelaufenen Jahr 2008 haben Finanzinvestoren in Deutschland deutlich weniger investiert als 2007. Das Volumen halbierte sich von 30 auf 15 Milliarden Euro, die Zahl der Transaktionen sank um 8% auf 165. Das ergab eine Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young. Besonders stark sank das Transaktionsvolumen im zweiten Halbjahr. Gegenüber dem ersten Halbjahr fiel es um 64% von 11 auf 4 Milliarden Euro. Vor allem große Milliarden-Transaktionen finden kaum noch statt. Die Private-Equity-Gesellschaften führen derzeit vor allem kleine und mittelgroße Transaktionen durch, bei denen sie nicht oder kaum auf Bankkredite angewiesen sind.Im Jahr 2008 gab es in Deutschland nur noch sechs Transaktionen mit einem Wert von jeweils mehr als 1 Milliarde Euro, 2007 waren es noch zehn Transaktionen gewesen, 2006 sogar 13 Transaktionen.
Seit der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 ist der deutsche Private-Equity-Markt sogar fast zum Stillstand gekommen. Im vierten Quartal gab es nur noch 15 Transaktionen mit einem gesamten Investitionswert von 70 Millionen Euro.
„Das Geschäftsmodell von Private Equity ist nicht tot – allerdings steht es erheblich unter Druck“, stellt Joachim Spill, Vorstandsmitglied bei Ernst & Young, fest. „Die Branche muss nun beweisen, dass sie es tatsächlich schafft, unter extrem widrigen Umständen stabile Erträge zu erzielen und ihre Beteiligungsunternehmen sicher durch die Krise zu führen. Die Private-Equity-Branche steht damit vor ihrer ersten großen Bewährungsprobe“. Es sei allerdings durchaus möglich, dass es 2009 zu einer Marktbereinigung komme und einige Beteiligungsgesellschaften die Krise nicht überstehen werden.
Die Experten von Ernst & Young beobachten derzeit einen Gesinnungs- und Strategiewandel bei den Privat-Equity-Investoren. Die bisher vorherrschende Strategie, sich an einem Unternehmen nur zu beteiligen und nach einigen Jahren wieder auszusteigen, trägt nicht mehr. Erträge allein durch finanzielle Hebel zu erwirtschaften (Deleveragen) funktioniert nicht mehr. Mittlerweile müssen sich Investoren auch im operativen Geschäft engagieren, Verbesserungs- und Kosteneinsparpotenziale erschließen und das Überleben der Unternehmen sichern.
Ein komplettes Wegbrechen der Deals erwartet Spill nicht: „Auch 2009 wird es noch Deals geben, aber andere als in den vergangenen Jahren. Wir werden vor allem eigenkapitalfinanzierte Übernahmen sehen. Da die Zeiten unbegrenzt verfügbarer Liquidität vorbei sind, wird es allerdings vorerst keine spektakulären Milliardenübernahmen mehr geben.“
Sowohl die komplette Studie (in englischer Sprache) als auch eine Präsentation (in deutscher Sprache) mit den wichtigsten Ergebnissen in Form von Charts stehen kostenlos als Downloads zur Verfügung. (Ernst & Young/ml)