Kontinentaleuropa – und damit auch Deutschland – könnte gestärkt aus der Krise hervorgehen, glauben die Autoren der renommierten Deloitte-Studie Global Economic Outlook für 2009. Ansonsten seien die Aussichten düster. Angefangen von Großbritannien, das wohl mindestens bis 2011 mit keiner nennenswerten Erholung rechnen könne, über Japan, dessen Industrieproduktion ebenso sinke wie das Vertrauen der Verbraucher und das für 2009 mit einer Deflation rechnen müsse. Bis hin zu den aufstrebenden Märkten China und Indien, dessen Entwicklung sich ebenfalls auf absehbare Zeit stark abschwäche.
„Nahezu alle Regierungen haben Maßnahmenpakete auf den Weg gebracht. Damit werden Neben- und Wechselwirkungen erzielt. So wird das Rettungspaket der USA zu geringeren internationalen Investitionen, beispielsweise in Brasilien und Russland führen“, weist Dr. Elisabeth Denison, Leiterin Research Deutschland bei Deloitte auf internationale Zusammenhänge der Wirtschaft hin.
In der Eurozone sind die Aussichten laut Studie durchwachsen. Das exportabhängige Deutschland hat mit einem Auftragsrückgang von rund 20 % zu kämpfen – die Binnenkonjunktur bleibt schwach. In ganz Europa stagnieren bzw. sinken die Investitionen. In Spanien steigt die Arbeitslosigkeit rapide, Italien und Griechenland treiben ihre ohnehin enorme Verschuldung in neue Höhen, die Ausnahmeklausel des EU-Stabilitätspakts gewinnt neue Aktualität. Dennoch könnte die Eurozone mit einem stabilen Euro, konsolidierten Banken, einem höheren Strukturreformtempo sowie einer auf Innovationen fokussierten Industrie gestärkt aus der Krise hervorgehen, glauben die Ökonomen von Deloitte.
Besonders negativ betroffen sei hingegen Großbritannien: Nach dem Platzen der Immobilienblase ist das Vertrauen der Verbraucher auf einem Tiefpunkt, Unternehmen investieren nicht mehr, die Banken bleiben bei einer restriktiven Kreditpolitik. Hier werde die Situation nach Expertenmeinung deshalb deutlich länger angespannt bleiben.
China als „globale Werkbank“ – so die Analysten – leide unter der Weltwirtschaftskrise in der Realwirtschaft viel mehr als im Bankensektor, so dass das Land immerhin über genügend Mittel zur Konjunkturbelebung verfüge. Der weltweite Nachfragerückgang hat hier zu einem Exportminus von 2,2 % im Vergleich zum Vorjahr geführt, während gleichzeitig die Binnennachfrage extrem schwach ist. Durch massive fiskalische Maßnahmen versuche die Regierung nun, diese zu stärken um soziale Unruhen zu vermeiden.
Auch für Indien sehen die Deloitte-Ökonomen eher schwarz. Dem Megastaat drohe im industriellen Sektor ein Niedergang, auch der Binnenkonsum lasse deutlich nach und die Banken misstrauen sich gegenseitig. Die Rupie hat 20 % gegenüber dem US-Dollar verloren, ohne dabei den Export stärken zu können. Auch die Maßnahmen der indischen Regierung werden kurzfristig laut Studie keine Trendumkehr bewirken können.
Das Hauptproblem Russlands sei der Rückgang der Rohstoffpreise. Dazu komme eine starke Kapitalflucht sowie ein Kollaps der industriellen Produktion im Oktober 2008. Trotz aktueller Rezession, steigender Inflation und eines zu erwartenden Defizit für 2009 werden die Folgen der Krise jedoch nicht so gravierend sein wie die der Finanzkrise von 1998.
Japan drohe im kommenden Jahr ein Desaster, glauben die Analysten. Trotz Sparkurses in den vergangenen Jahren seien die Aussichten denkbar schlecht: Die Produktion fällt, die Investitionen bleiben aus, die private Nachfrage ist nahezu auf dem Nullpunkt, die Kreditmärkte sind eingefroren. Auch der Arbeitsmarkt gibt beunruhigende Signale, was das Verbrauchervertrauen weiter sinken lasse. Für 2009 sagen Experten eine sich vertiefende Deflation voraus – mit fallenden Preisen von minus 18 % bis minus 22 % für Produktionsgüter.
Besonders hart treffe es aber die Schwellenländer unterschiedlichster Industriealisierungsstufen, darunter Vietnam und Rumänien, aber auch Kambodscha, Äthiopien oder Bangladesch, mahnen die Ökonomen bei Deloitte. Nachdem diese zu Jahresbeginn unter hohen Rohstoff- und Nahrungsmittelpreisen litten, kommen nun starke Kredit- und Entwicklungshilfebeschränkungen wie auch stagnierende Auslandsinvestitionen dazu. Gerade hier sei aber die Stabilisierung der ökonomischen Lage Voraussetzung für politische Stabilität, so dass sich die Krise weit über die jeweiligen Landesgrenzen hinaus negativ auswirken könne.
Insgesamt, mahnen die Deloitte-Ökonomen, haben vor allem die exportorientierten, international eng verflochtenen Volkswirtschaften noch eine lange Durststrecke zu überwinden, denn ihnen fehlen derzeit die Abnehmer. Ob das aktuelle US-amerikanische Prinzip der unbegrenzten Geldversorgung die gewünschten Früchte trägt, bleibe abzuwarten. Selbst bei einer erfolgreichen Belebung der Wirtschaft sei die Situation der amerikanischen Privathaushalte auch weiterhin kritisch.
Die komplette (englischsprachige) Studie steht als kostenloser Download zur Verfügung. (Deloitte/ml)