Der Standort Deutschland genießt bei den Industriebetrieben trotz Krise ein hohes Ansehen. Entsprechend groß ist auch das Vertrauen in die Zukunft des Standorts. Das zeigt eine aktuelle Industrie-Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Die Befragung von über 700 Industriebetrieben und industrienahen Dienstleistern zeigt, dass die Unternehmen zwar langfristig mit tendenziell sinkenden Weltmarktanteilen deutscher industrieller Wertschöpfung rechnen; sie gehen aber auch davon aus, dass sie in rund zehn Jahren noch immer mehr als die Hälfte der Wertschöpfung ihrer Industrieprodukte hierzulande erbringen werden.
Der restliche Anteil werde von internationalen Zulieferern oder eigenen Produktionsstätten im Ausland erbracht. Bei gleichzeitig steigenden Exportvolumen dürfte damit eine weiter steigende Industrieproduktion in Deutschland verbunden sein.
Die hohe Unternehmensdichte sowie die Vielfalt im Bereich der Industrie und der angrenzenden Dienstleister sind ein klares Standortplus: Bei der Bewertung verschiedener Standortfaktoren geben die Unternehmen der „Verfügbarkeit von Zulieferunternehmen und Dienstleistern vor Ort“ nach Schulnoten eine 2,1 – der beste Wert überhaupt. Gut im Vergleich zu anderen internationalen Standorten bewerten die Unternehmen auch die IT-Infrastruktur (Note 2,3), die Rechtssicherheit (2,4), die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen (2,5) und den sozialen Frieden (2,6).
Doch das Engagement der Unternehmen brauche politische Unterstützung, mahnt DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Ohne klares politisches Bekenntnis zum heimischen Produktionsstandort sei langfristig wettbewerbsfähige Industrie in Deutschland kaum möglich. Dass hier einiges im Argen liegt, beweist die relativ schlechte Note 3,6, mit der die Unternehmen – jenseits der Krisenaktivitäten – die industriebezogene Wirtschaftspolitik abstrafen: Ein zu engmaschiges umwelt-, sozial oder verbraucherschutzpolitisches Regelwerk aus Berlin und Brüssel verhindere, dass sich der Industriestandort Deutschland festigt und modernisiert, so die Industrie.
Eindeutig nicht wettbewerbsfähig sehen die Unternehmen das deutsche Steuerrecht. Es sei zu kompliziert und habe strukturelle Webfehler (z.B. Zinsschranke, Mantelkaufregelung, Funktionsverlagerungen). Es ist ihrer Ansicht nach „mangelhaft“.
Weitere Bremsklötze sind nach Meinung der befragten Betriebe die strukturell zu hohen Energiekosten und das unflexible Arbeits- und Tarifrecht (beide Note 4,1). Eine Hürde sei auch der Fachkräftemangel (3,6). Hier bedürfe es entscheidender bildungs- und zuwanderungspolitischer Weichenstellungen.
Angesichts der Bremsklötze erwägt jeder fünfte Betrieb eine Verlagerung von Teilen der Produktion ins Ausland. Bei den Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern sind es – aufgrund ihrer größeren internationalen Verflechtung – sogar 40%. Wer diesen Schritt aber vollzogen habe, kehre so schnell nicht wieder zurück, warnt der DIHK: Ein aktuelle Umfrage zu den Rückverlagerungsplänen deutscher Industrieunternehmen zeige, dass nur 4% der im Ausland engagierten Unternehmen für dieses Jahr Rückverlagerungspläne haben. Die Politik müsse deshalb jede sinnvolle Chance nutzen, um Produktion in Deutschland rentabel zu halten und ausländische Investoren anzulocken, mahnt der DIHK
Die kompletten Umfrageergebnisse steht als kostenloser Download zur Verfügung. (DIHK/ml)