Die beiden Kieler Ökonomen Alfred Boss und Henning Klodt vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) bezweifeln nicht die grundsätzlich Berechtigung des Konjunkturpakets II, aber sie kritisieren die konkrete Ausgestaltung. Im neuesten „Kiel Policy Brief“ analysieren sie eine einzelne Maßnahmen im Rahmen des Pakets. Die Autoren befürchten, dass viele dieser Maßnahmen angesichts der geringen Auswirkung auf das private Budget der Bürger gar nicht erst wahrgenommen und deshalb wirkungslos verpuffen werden.
In die richtige Richtung gehen – so die beiden Experten – die Entlastungen bei der Einkommensteuer, doch auch diese fallen zu halbherzig aus. Sie reichen, ihrer Meinung, nach nicht einmal aus, die kalte Progression für länger als zwei Jahre zu kompensieren. Beispielrechnung der Autoren ergaben: Bei relativ niedrigen Einkommen sinkt die Steuerschuld im Verhältnis zum zu versteuernden Einkommen im Jahr 2009, um dann zu steigen; bei relativ hohen Einkommen steigt sie Jahr für Jahr. Der Durchschnittsteuersatz werde demnach spätestens im Jahr 2011 über dem des Jahres 2008 liegen. Die Entlastungseffekte der Tarifreform werden also schon nach zwei Jahren durch die kalte Progression wieder aufgezehrt.
Kritisch sehen die Autoren auch die Ausbuchung der Staatsschulden in einen Sonderhaushalt, wie es der Investitions- und Tilgungsfonds darstellt. Damit entstünden unnötige zusätzliche Verwaltungskosten, und die tatsächliche Höhe der Staatsverschuldung gegenüber der Öffentlichkeit werde verschleiert. Die Annahmen, die der erwarteten Tilgung der Schulden des „Sondervermögens Investitions- und Tilgungsfonds“ durch den künftigen Bundesbankgewinn zugrunde liegen, seien viel zu optimistisch. Plausibler wäre eine Finanzierung des Konjunkturpakets durch die Bundesbank durch eine zumindest teilweise Auflösung ihrer Goldreserven, zumal der aktuelle Goldpreis diese Strategie ohnehin nahelege.
Die schärfste Kritik von Boss und Klodt richtet sich jedoch gegen dirigistische Eingriffe in die Wirtschaftsstruktur, wie sie mit der Abwrackprämie für Autos vorgesehen sind. Sie verzerre die Wirtschaftsstruktur, bremse damit das Wachstum und vernichte Wohlstand, indem funktionstüchtige Vermögenswerte nur aufgrund der staatlichen Prämiengewährung in der Schrottpresse landen. Darüber hinaus – und das wiegt vielleicht am Schwersten – fördere die Abwrackprämie Begehrlichkeiten bei anderen Branchen, die nun auf Gleichbehandlung mit der Automobilbranche pochen. Am Ende werde die deutsche Volkswirtschaft aufgrund dieser Maßnahme ärmer sein als zuvor.
Der aktuelle „Kiel Policy Brief“ mit der ausführlichen Kritik der beiden Experten steht als kostenloser Download zur Verfügung. (IfW/ml)