Outsourcing – also die Verlagerung standardisierter Aufgaben an externe Anbieter – gehört zum Basisrepertoire eines Managements, wenn es darum geht, Kosten zu sparen. Aber vielfach reicht das nicht mehr. Dann ist das nächste Level zu meistern: Business Process Outsourcing (BPO), d.h. eine Fremdvergabe kompletter Unternehmensprozesse. Diese Variante verspricht einen noch höheren wirtschaftlichen Effekt, weil sie den Auftraggeber nicht nur zu entlastet, sondern am Spezialwissen der Outsourcing-Partner zugunsten der eigenen Unternehmensstrategie teilhaben lässt – zumindest theoretisch.
Aber stimmen die praktischen Erfahrungen mit den Versprechen der Theorie überein? Der Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) ging dieser Frage nach und hat nun die Ergebnisse in der aktuellen Studie „Business Process Outsourcing im Customer Care“ veröffentlicht.
Verfechter des BPO betonen immer wieder, dass nicht mehr nur standardisierte Bereiche – wie z.B. die Dienstleistungen eines Call Centers – im Zentrum des Outsourcing stehen sollen, sondern strategisch wichtige Prozesse. Dadurch verschieben sich die Ziele und Erwartungen. „Dominierten in der Diskussion um Outsourcing bisher Kostenargumente, so werden nun zunehmend Qualitätsverbesserungen, Wissenstransfer und innovative Impulse vom externen Dienstleister erwartet. Diese hohen Erwartungen werden auch im Bereich des Customer Care gestellt“, erklärt Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Bernd Stauss den Hintergrund der Studie.
Doch trotz der intensiven Diskussion um BPO existieren laut Stauss bisher kaum konzeptionelle Überlegungen zu den Wertschöpfungsmechanismen und nur wenige empirische Kenntnisse zur Umsetzung in der Praxis. Die Ergebnisse der Studie, an der sowohl Outsourcingdienstleister als auch Kundenunternehmen teilnahmen, machen nun deutlich, dass in Deutschland trotz aller Rhetorik der aktuelle Umsetzungsgrad von BPO im Customer Care nur gering ist. Noch immer dominieren Kosten die Verlagerungsentscheidung. Wertschöpfungsbeiträge der externen Anbieter, die darüber hinaus gehen, finden kaum Beachtung.
Auffällig sind die Unterschiede in der gegenseitigen Wahrnehmung von Auftraggebern und Dienstleistern: „Kundenunternehmen sehen die Dienstleister zwar durchaus als wichtige strategische Partner an, die eine entscheidende Rolle spielen. Allerdings weisen sie ihnen aktuell und auch zukünftig die ausführende Rolle einer Werkbank zu, die Services zu niedrigen Preisen liefert“, heißt es in der Studie. Innovative Beiträge der Dienstleister würden häufig als reguläre Leistung erachtet, die ihnen deshalb kaum vergütet werde.
Die Analyse von Professor Stauss und seinen Mitarbeitern Marcel Jedraßczyk und Nils Löber deckt noch viele weitere Schwachstellen der aktuellen Umsetzung auf. Die Autoren belassen es aber dankenswerterweise nicht bei der reinen Analyse und geben im Rahmen von Managementimplikationen Empfehlungen zur Gestaltung von Business Process Outsourcing. Die Studie ist deshalb für Unternehmen ein wertvoller Leitfaden, der dabei hilft, den Realisierungsgrad der eigenen BPO-Tätigkeiten einzuschätzen und BPO-Partnerschaften wirkungsvoller zu gestalten. Die Studie steht als kostenloser Download zur Verfügung. (idw/ml)