Erstmals in ihrer Geschichte korrigiere die deutsche Solarbranche nach dem Rekordjahr 2008 und zweistelligen Wachstumsraten ihre Prognosen für das Jahr 2009 deutlich nach unten, meldet die Münchner Unternehmensberatung W&P. Das sei nicht nur eine Folge der Krise. Die Photovoltaikindustrie entwachse derzeit auch ihren Kinderschuhen. Sie müsse sich jetzt einer Nachfrageverschiebung weg von Deutschland hin zu internationalen Märkten, einem drastischen Subventionsrückgang sowie der Konsolidierung des Marktes stellen.
Die Experten bei W&P prognostizieren massive Marktverschiebungen. Demnach wird der etablierte, deutsche Photovoltaikmarkt ab 2009 zwar weiterhin wachsen, aber aufgrund abnehmender Subventionen stark an Dynamik verlieren. „Wir gehen davon aus, dass Deutschland mit einem derzeitigen Marktanteil von knapp 50 % am Weltmarkt bis 2020 enorm an Bedeutung verlieren wird“, so Johannes Spannagl, Mitglied der Geschäftsleitung bei W&P. „Zu diesem Zeitpunkt wird der deutsche Markt deutlich weniger als 10 % darstellen und hinter den ostasiatischen Ländern, den USA und Australien deutlich zurückfallen.“
Zwar erwirtschaften die meisten Unternehmen bereits mehr als 50 % ihres Umsatzes im Ausland. Der Fokus lag bisher aber hauptsächlich auf Spanien – ein Markt der sich durch Reduzierung der Subventionen, ähnlich wie Deutschland, stark rückläufig entwickelt. Für Spannagl hat neben der Identifikation und Priorisierung der Wachstumsmärkte auch die Professionalisierung der Marketing– und Vertriebsfunktion besondere Bedeutung: „Bisher führten attraktive Subventionen dazu, dass Anbietern die Produkte regelrecht aus den Händen gerissen wurden. Mit veränderten Marktgegebenheiten müssen Photovoltaik-Unternehmen ihr Angebot gezielt im Handel, Handwerk und bei Endkunden platzieren.“ Dazu gehöre eine klare Differenzierung und Darstellung der Produktleistung, professionelles Kundenmanagement sowie gezieltes Push-Marketing. Für viele Unternehmen seien genau dies bis dato ungewohnte Aufgaben.
Außerdem stehe der äußerst fragmentierten Photovoltaikbranche ein starker Konzentrationsprozess bevor, der durch die sinkende Investitionsbereitschaft in der Finanzkrise noch verschärft werde, mahnt Spannagl. Durch den deutlichen Nachfragerückgang, der mit einem Kapazitätsaufbau der letzten Jahre kollidiert, entstehe erstmalig ein starkes Überangebot und damit ein echter Markt in der Photovoltaikindustrie. Abnehmer stellen vermehrt Preisvergleiche an und verstärken somit Preis- und Margendruck auf der Anbieterseite. Dies zwinge die Unternehmen zu Preissenkungen und hohen Abschreibungen auf die Lagerbestände. In der Summe führe das zu sinkenden Gewinnen und – im schlechtesten Fall – zu ersten Verlusten, mahnt Spannagl.
Um diese Konsolidierungsphase dennoch als Gewinner zu überleben, seien Unternehmen jetzt zu einschneidenden Veränderungen gezwungen. Laut W&P muss der Fokus ab sofort auf einer klaren Wettbewerbsdifferenzierung sowie Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen liegen. Mögliche Stellhebel seien neben Professionalisierung von Marketing und Vertrieb vor allem die Kostenoptimierung und Flexibilisierung entlang der Wertschöpfungskette.
(ots/ml)